Pascal Ackermann und Maximilian Schachmann werben in Stuttgart für die DM 2020. Die Radprofis sind Aushängeschilder einer neuen Generation, die für sportliche Erfolge stehen soll – und für Glaubwürdigkeit.

Stuttgart - Manchmal passt es einfach zusammen. Pascal Ackermann (25) und Maximilian Schachmann (25) sind nicht nur fast auf den Tag genau gleich alt, sympathisch und erfolgreich, sondern auch noch eloquent. Zudem gewannen sie, ganz zufällig, die DM-Titel 2018 und 2019. Somit lag es natürlich nahe, die beiden Radprofis zur Präsentation der Strecken und Austragungsorte der deutschen Meisterschaften 2020 nach Stuttgart einzuladen – und sie füllten ihre Rolle dort auch perfekt aus. Ackermann und Schachmann erklärten, wie viel ein DM-Sieg für sie zählt („sehr viel“), wie toll die Stimmung bei Radrennen in Stuttgart stets ist („sehr toll“) und wie steil es 700 Meter lang am Herdweg hinaufgeht („sehr steil“). Kurzum: Ein besseres PR-Duo hätten die Veranstalter nicht finden können.

 

Eine Einschränkung muss allerdings erlaubt sein. Ackermann und Schachmann erzählten zwar die Wahrheit – aber nicht die ganze. Natürlich ist es für Bora-hansgrohe, den erfolgreichsten deutschen Radrennstall, schon aus Prestigegründen wichtig, den nationalen Meister in seinen Reihen zu haben. Und trotzdem gibt es selbstverständlich viel wichtigere Rennen. Für das Team, aber auch für Ackermann und Schachmann. Erst recht im Jahr 2020.

Die jungen Wilden sind schon vorne

Gemeinsam mit ihrem Bora-Kollegen Emanuel Buchmann (26) sind Pascal Ackermann und Maximilian Schachmann die Gesichter der neuen Generation im deutschen Radsport. Noch kämpfen die alten Haudegen Tony Martin (34), André Greipel (37) oder John Degenkolb (30) um ihre Position, und es wäre sicher ein Fehler, sie vorschnell abzuschreiben. Aber dennoch sind die jungen Wilden, zu denen auch Nils Politt oder Lennard Kämna gehören, mittlerweile vorbeigezogen. Stark. Stabil. Selbstbewusst. „Wir haben in der vergangenen Saison enorm gut performt“, sagt Schachmann, „ich hoffe sehr, dass wir den Radsport in Deutschland auch in den nächsten Jahren prägen können.“ Das hängt vor allem von den Ergebnissen ab.

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Buchmann wurde im Juli Vierter der Tour de France – nun träumt er vom Podium in Paris. Ackermann holte 13 Saisonsiege und das Trikot des besten Sprinters beim Giro d’Italia – nun will auch er sein Können bei der Frankreich-Rundfahrt beweisen. Schachmann überzeugte bei Klassikern und Rundfahrten – nun will er bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio eine Medaille holen. „Wir alle haben das Potenzial, uns noch weiter zu verbessern“, sagt Ackermann. Und Buchmann meint: „Ich bin überzeugt, dass die Zuschauer unsere Generation interessant finden, weil wir sehr unterschiedliche Typen sind. Und absolut vertrauenswürdig.“

2007 letzte Rad-WM in Stuttgart

Als 2007 die Radsport-WM letztmals in Stuttgart stattfand, saß Schachmann vor dem Fernseher, Ackermann stand sogar an der Strecke. Ein beherrschendes Thema damals ist Doping gewesen. Im Jahr zuvor war mit dem spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes auch der frühere Tour-Sieger Jan Ullrich aufgeflogen, im Jahr danach wurden unter anderem Stefan Schumacher und Bernhard Kohl aus dem Gerolsteiner-Team mit dem Blutbeschleuniger Cera erwischt. Der Radsport (vor allem) in Deutschland war am Boden, und es ist ziemlich mühsam gewesen, ihn zu hegen und zu pflegen. „Ich weiß, wie viel Kittel, Martin oder Degenkolb investiert haben, um unserem Sport wieder zu Glaubwürdigkeit zu verhelfen“, sagt Schachmann, „wir wissen dies sehr zu schätzen und wollen ihre Arbeit fortsetzen. Wir sind uns der Verantwortung, die wir haben, auf jeden Fall bewusst.“

Scharping lobt die Einstellung

Dies zu hören, freut auch den obersten deutschen Radsport-Funktionär. Rudolf Scharping ist seit 2005 BDR-Präsident, und auch er musste in den dunklen Zeiten viel Kritik einstecken, weil er eher durch Distanzlosigkeit zu den Stars auffiel, als deren Leistungen zu hinterfragen. Heute lobt der frühere Verteidigungsminister und SPD-Chef die Einstellung und Vorstellungen der neuen Generation. „Kittel, Martin und Degenkolb haben den Radsport aus dem Loch herausgefahren“, sagte er bei der DM-Präsentation in Stuttgart, „und jetzt gibt es sehr vielversprechende Nachfolger. Über die Erfolgsmöglichkeiten des deutschen Radsport mache ich mir keine Sorgen.“

Weil bei den jungen Wilden aktuell ziemlich viel zusammenpasst. Nicht nur, wenn es um PR-Botschaften geht.