Die Messe-, und Flughafenstadt wirkt insbesondere zu Stoßzeiten noch immer wie eine Autofahrerstadt. Zwischen 17 und 18 Uhr stehen Autos und Lastwagen dicht an dicht. Stoßstange an Stoßstange stauen sich die Autofahrer durch die wichtigsten Verbindungswege von Leinfelden-Echterdingen. Zu dieser Zeit muss niemand einen Blitzer fürchten, denn es geht eh nur im Schneckentempo voran. Glück hat da ein jeder, der sich am Stau vorbeidrücken kann – beispielsweise die Radler oder auch die Pedelecfahrer.
Damit sich mehr Menschen dafür begeistern können, nicht nur in ihrer Freizeit, sondern auch im Alltag aufs Rad zu steigen, hat die Stadt im September 2022 ein Radverkehrsprogramm auf den Weg gebracht. Ein durchgängiges und attraktives Radverkehrsnetz zu entwickeln, war dabei das erklärte Ziel. Der Mobilitätsbeirat hatte zuvor fünf Mal dazu getagt. Nichtsdestotrotz hatte es am Tag der Entscheidung eine lange Diskussion im Gemeinderat gegeben. Vor allem das bürgerlicher Lager – also die CDU-Fraktion und die Freien Wähler/FDP – hatten zunächst darauf gepocht, das Konzept erst einmal nur zur Kenntnis zu nehmen. Die Fraktionen hatten das Programm dann zwar grundsätzlich doch beschlossen – als roter Faden sozusagen. Über die allermeisten der erarbeiteten Vorschläge sollten die Stadträte aber zu einem späteren Zeitpunkt erneut sprechen und dann erst abstimmen.
Nun ging es im Gemeinderat darum, Verbesserungen für Radler an besonders heiklen Ecken im Stadtgebiet konkret anzugehen. Für fünf Maßnahmen aus dem Radverkehrsprogramm, die auf den Radhauptverbindungen liegen, stellte Michaela Käfer, Leiterin der Abteilung für Verkehrsplanung und Mobilität bei der Stadt Leinfelden-Echterdingen, die nächsten Schritte vor.
Zum einem sollen drei neuralgische Knoten in Unteraichen neu geplant werden, damit es Radfahrern dort künftig möglich ist, zügig und sicher die Straßen zu queren, informierte sie. Konflikte mit Autofahrern und Fußgängern sollen dadurch weniger werden. Denn bisher „ist die Verkehrssituation dort für alle Verkehrsarten unübersichtlich und unbefriedigend“, heißt es in einem Papier der Stadt. Es geht konkret um die Knotenpunkte Max-Lang-Straße/Hohenheimer Straße, Stuttgarter Straße/Hohenheimer Straße/Schulstraße und Max-Lang-Straße/Meisenweg. „Hochgefährliche Stellen für Radler“, wie DiB-Stadträtin Sigrid Ott es formulierte, sollen also entschärft werden. Für die gemeinsame Planung der drei Knotenpunkte rechnet die Stadt mit Planungskosten von 45 000 Euro. „Aufgrund der Komplexität der Knotenpunkte und der Zusammenhänge im Netz ist von einem erhöhten Abstimmungsbedarf und Planungsaufwand zu rechnen“, informiert die Stadt.
Außerdem sollen Übergänge zwischen den Radwegen und der Fahrbahn an den Ortseingängen von Echterdingen und von Stetten neu gestaltet werden, sodass den Radlern dort künftig ein sicherer Seitenwechsel ermöglicht wird. Geschätzte Kosten: 120 000 Euro.
Auch jetzt gab es im Gemeinderat wieder eine lange Diskussion – die Sitzung wurde sogar unterbrochen. Schlussendlich haben sich die Stadträte dann darauf geeinigt, den Beschlussvorschlag der Stadtverwaltung um das Wort „gleichberechtigt“ zu ergänzen. Denn den bürgerlichen Parteien war es wichtig, dass alle Verkehrsteilnehmer weiter gleichberechtigt zum Zuge kommen, obwohl es jetzt ja konkret um Verbesserungen für Radfahrer gehen sollte. FW-Stadtrat Ulrich Löchner sprach sich dafür aus, Prämissen für das Planungsbüro aufzustellen. „Die Radverkehrsplanung darf nicht zu Lasten anderer Verkehrsteilnehmer – den Autofahrern und den Fußgängern – gehen“, sagte er. Der fließende Verkehr dürfe nicht beeinträchtigt werden, Autofahrer also nicht ausgebremst werden. Denn der Verkehr in Unteraichen sei schon jetzt eine Katastrophe und belastend für die Anwohner. Unterstützung bekam er seitens der CDU-Fraktion.
Sabine Onayli (L.E. Bürger/DiB) allerdings wunderte sich: „Ich gehe davon aus, dass bei einer solchen Planung immer alle Verkehrsteilnehmer berücksichtigt werden“, sagte sie. Grünen-Stadtrat Maximilian Kreft betonte, dass dafür in der Vergangenheit allein für Autofahrer geplant wurde.
Fußgängerlobby zeichnet Leinfelden-Echterdingen aus
Goldener Fußabdruck
Verbesserungen soll es in der Stadt Leinfelden-Echterdingen nicht nur für Radler, sondern auch für Fußgänger geben. Dies gefällt der Fußgängerlobby: Leinfelden-Echterdingen hat neben Leipzig den Deutschen Fußverkehrspreis 2025 gewonnen, wie der Fachverband Fußverkehr Deutschland (FUSS) mitteilt. Beide Kommunen haben Ende März einen „goldenen Fußabdruck“ auf dem Bundesweiten Umwelt- und Verkehrskongresses BUVKO in Karlsruhe verliehen bekommen. Der Preis ist ein Projekt des FUSS e.V. Die Schirmherrschaft hat Markus Lewe, der Präsident des Deutschen Städtetags.
Intensive Kommunikation
Leinfelden-Echterdingen zeige, dass nicht nur Großstädte viel leisten können, heißt es in der Pressemitteilung von FUSS e.V. Die Kommune hat die Jury mit ihrer Kommunikation zur Förderung des Fußverkehrs überzeugt. Durch Fußverkehrschecks seien Potenziale ermittelt und mit Beteiligung der Bürgerschaft ein umfassendes Konzept entwickelt worden. Aktionen wie Geh-Cafés, Perspektivwechsel-Begehungen und Visualisierungen von Gehwegbreiten würden für die Barrierefreiheit sensibilisieren.