Es ist ein Pilotprojekt in Fellbach: Seit Juni vergangenen Jahren steht ein Lastenrad kostenlos zum Ausleihen bereit. Wer nutzt das Angebot und kommt es an?

Rems-Murr: Eva Schäfer (esc)

Willi Remel nimmt die Kurve am Kreisel beim Fellbacher Bahnhof gekonnt, er hat das Lastenrad gut im Griff. Mit in der Radkarosse sitzt sein Sohn, der die Fahrt auch ganz entspannt nimmt. Willi Remel ist einer der Fellbacher, die das Angebot wahrgenommen haben, ein Lastenrad kostenlos auszuleihen. „Wir waren mega zufrieden“, sagt Remel. Mit dem Lastenrad hat er nicht nur Alltagswege wie die Fahrt in die Kita, sondern auch Ausflüge in die Umgebung unternommen, erzählt der Sozialarbeiter. „Wir waren beispielsweise auch zusammen in der Wilhelma.“

 

Willi Remel hat bei der Befragung der Nutzer mitgemacht

Willi Remel ist ohnehin fahrradaffin. So radelt er auch zu seiner Arbeitsstätte von Fellbach nach Zuffenhausen. Hin und zurück sind das etwa 25 Kilometer, die er täglich mit dem Fahrrad pendelt, berichtet er. Rund 5500 Kilometer sei er im Jahr mit dem Rad unterwegs. „Dadurch spare ich einiges an CO2 ein“, erklärt der 34-Jährige. Das Auto der Familie bleibe meist stehen und werde nur eingesetzt, wenn es an Orte gehe, wo der ÖPNV nicht gut ausgebaut sei.

Remel hat bei der Umfrage mitgemacht, die seit September vergangenen Jahres zum E-Lastenrad-Verleih läuft. Mithilfe der Befragung möchten Birgit Orner und Julia Dickow von der Stabsstelle Radmobilität der Stadt Fellbach erfahren, wie das Angebot ankommt und wie es weitergehen soll. Die Umfrage hat nicht den Anspruch, repräsentativ zu sein, aber sie soll ein Stimmungsbild vermitteln. Bisher haben nur eine zweistellige Zahl von Personen, beziehungsweise Familien an der Umfrage teilgenommen, berichtet Dickow. Die Umfrage läuft weiter.

Willi Remel ist mit Mitte 30 altersmäßig nach diesem Stimmungsbild in der stärksten Gruppe, die das Angebot nutzt. Etwas mehr als die Hälfte der Nutzer sind demnach zwischen 26 und 40 Jahren alt, etwa ein Drittel gehört der Altersgruppe der 41- bis 60-Jährigen an. Weitere zehn Prozent sind zwischen 18 und 25 Jahre alt. Der Großteil hat das Rad für eine komplette Woche ausgeliehen. Das Lastenrad wurde vorwiegend für Einkäufe sowie zur Beförderung von Kindern verwendet. Dabei haben alle Befragten angegeben, dass sie Alltagswege, die sie ansonsten mit dem Auto zurücklegen würden, durch Fahrten mit dem E-Lastenrad ersetzen konnten.

In Stuttgart wird der Kauf eines Lastenrades bezuschusst

Genau das ist auch eines der Ziele. „Klimafreundlich und aktiv unterwegs, ohne Stau und Parkplatzsuche, und dabei noch die Liebsten mit an Bord“, heißt es auf der Homepage der Stadt, auf der der E-Lastenrad-Verleih vorgestellt wird. Remel hat beim Radkulturtag im vergangenen Sommer von dem Angebot erfahren, erzählt er. Ein eigenes Lastenrad anzuschaffen, das ist angesichts eines mittleren vierstelligen Betrags eine Preisfrage. „In Stuttgart wird der Kauf eines Lastenrades bezuschusst, schade, dass es diese Möglichkeit hier leider nicht gibt“, sagt Willi Remel, der seit rund einem Jahr mit seiner Familie in Fellbach wohnt.

Der Kauf oder das Leasing eines neuen E-Lastenrades wird in der Landeshauptstadt mit bis zu 1100 Euro gefördert, 600 Euro werden sofort ausbezahlt. Dass auch die Stadt Fellbach den Kauf von Lastenrädern fördert, das ist derzeit nicht vorgesehen. „Diese Überlegung gibt es aktuell nicht“, sagt Birgit Orner. Auch die Stadt Waiblingen fördert nicht den Kauf oder das Leasing, teilt Klaus Läpple, der Leiter der Abteilung Klimaschutz und Umwelt, mit.

Mit der Energieagentur Rems-Murr werde aber aktuell ein Lastenradverleih in allen Ortschaften aufgebaut. In der Waiblinger Kernstadt wird bereits seit längerer Zeit ein Lastenradverleih in der Marktgarage geboten, berichtet Klaus Läpple. „Die Vorbereitungen zum Aufstellen der fünf Lastenräder in den Ortschaften laufen in vollem Gange.“ Spätestens am 31. März starte der Verleih. Davor sei eine Schulung von Interessierten vorgesehen, sagt Läpple.

Ein zweites Lastenrad soll zur neuen Radsaison kommen

In Fellbach sieht es so aus, dass das Lastenrad Verstärkung bekommt. „Ein zweites Lastenrad wird voraussichtlich ab Beginn der Fahrradsaison 2023 zum Verleih zur Verfügung stehen“, sagt Julia Dickow. Aufgrund der großen Zufriedenheit und der vielseitigen Einsetzbarkeit werde es sich voraussichtlich um ein weiteres Rad des Typs „Long John“, also ein einspuriges Lastenrad mit vorgelagerter Wanne zur Beförderung von Lasten und bis zu zwei kleineren Kindern handeln. Die Auswahl des genauen Modells und der Ausstattung erfolge in Abstimmung mit dem lokalen Fahrradhandel sowie der Radstation.

Gemanagt wird der Verleih von der Radstation in Fellbach in der Eisenbahnstraße 22. Die Macher dort freuen sich, dass das Lastenrad pfleglich behandelt wurde. „Das Rad befindet sich nach der ersten Saison in einem sehr guten Zustand. Von der Radstation wurden keinerlei Mängel oder größere Verschmutzungen berichtet“, teilt Birgit Orner mit.

Verleih Das E-Lastenrad kann direkt bei der Radstation Fellbach telefonisch unter der Nummer 0711 / 30 54 67 85 oder vor Ort reserviert und verbindlich gebucht werden. Das Lastenpedelec in Waiblingen kann bei den Parkwärtern der Marktgarage an der Einfahrt nach vorheriger Vereinbarung unter der Telefonnummer 0 71 51 / 90 59 45 oder per E-Mail an parkwart@waiblingen.de entliehen werden.

E-Lastenrad-Projekt „LaRa“ startet in mehreren Kommunen

Teilnehmer
Allmersbach im Tal, Backnang, Kernen, Waiblingen, Weinstadt, Welzheim und Murrhardt beteiligen sich an einem neuen Projekt der Energieagentur Rems-Murr. Der Verleih von E-Lastenrädern verbinde nachhaltige Mobilität und den Ausbau der Photovoltaik vor Ort. Ziel des Projekts sei es, das Lasten-Fahrrad im Stadtbild zu etablieren und den ÖPNV zu ergänzen, berichtet Anita Kaupert von der Energieagentur. „Gerade auf Strecken unter fünf Kilometern ist das Fahrrad im Vergleich zum Auto schneller, und das sind 40 Prozent aller innerstädtischen Autofahrten“, sagt Anita Kaupert. Hier könne ein Lastenrad „eine echte Transport-Alternative“ sein und außerdem einen Beitrag für weniger Verkehr und mehr Klimaschutz in den Städten leisten. Das Rad ist per App ausleihbar. Das Urba- Arrow-Lastenrad lasse sich auch gut für Ungeübte fahren, so Kaupert. Ein höhenverstellbarer Sattel und ein tiefer Einstieg ermöglichten Komfort. Zwei Akkus à 500 Watt sorgen dafür, dass auch nach mehreren Ausleihen der Strom nicht ausgeht. Mit dem Motor kann man bis zu 100 Kilometer weit fahren.

Ausleih- und Ladestandorte
Derzeit werden die Lade- und Ausleihstandorte für „LaRa“, so heißt das E-Lastenrad-Projekt, vorbereitet, teilt die Energieagentur mit. Zum Auftakt bietet die Energieagentur mit dem Kreisverband Rems-Murr des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs ein Fahrtraining in Backnang am 25. Februar von 10 bis 12 Uhr an. Weitere Trainings sind geplant. Mehr Infos auch unter: energieagentur-remsmurr.de