Ein von der Verwaltung beauftragtes Rechtsgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass das „Bürgerbegehren für ein fahrradfreundliches Stuttgart“ nicht den erforderten, rechtlichen Kriterien entspricht.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - Die Initiative Radentscheid hat Oberbürgermeister Fritz Kuhn vor Weihnachten eine Liste mit 35 000 Unterschriften übergeben. Das „Bürgerbegehren für ein fahrradfreundliches Stuttgart“ umfasste elf Forderungen, die den Radverkehr in der Stadt besser machen sollten. Die Stuttgarter sollten darüber in einem Bürgerentscheid befinden. Die Verwaltung hat bereits ein Rechtsgutachten beauftragt, dass die Zulässigkeit des Bürgerentscheids geprüft hat. Und die Kanzlei Dolde, Mayen und Partner empfiehlt der Verwaltung nun die „Durchführung eines Bürgerentscheids“ abzulehnen.

 

Interessant dabei: Es handelt sich bereits um das zweite Gutachten. Die Stadt hatte die erste Variante noch einmal an die Kanzlei geschickt, mit der Bitte um eine erneute, wohlwollende Prüfung. „Die Stadtverwaltung unterstützt im Grundsatz die Ziele des Radentscheids in vielen Punkten“, sagt daher auch Stadtsprecher Sven Matis. Aktuell arbeite man die Ergebnisse des Gutachtens für den Gemeinderat auf. Matis: „ Bei der Frage der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens hat der Rat grundsätzlich kein politisches Ermessen, es ist eine reine Rechtsfrage.“

Die Gründe für die Ablehnung des Radentscheids durch das Gutachten sind unterschiedlich. So werde für die „unterzeichnenden Bürger nicht hinreichend deutlich, inwieweit die elf verkehrspolitischen Ziele vom Bürgerbegehren erfasst“ würden, heißt es in dem Gutachten.

Auch werde für die Unterzeichner nicht klar, ob diese „Ziele (ganz oder teilweise) in den eigenen Wirkungskreis der Stadt Stuttgart fallen und für welche Ziele der Gemeinderat zuständig“ sei. Die Kanzlei verweist darauf, dass die Fragestellung insgesamt zu „unbestimmt“ und damit „das Bürgerbegehren unzulässig“ sei.

Politisch sind die Forderungen gut angekommen

Die Kanzlei geht in ihrem Gutachten auch auf die Forderungen des Radverkehrs ein und betont, dass einige Ziele und Aussagen gar nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein könnten. So fordert die Initiative „15 Kilometer attraktive Nebenstraßen pro Jahr“ für den Radverkehr, sowie die Beseitigung von „Mängel- und Gefahrenstellen im Fuß- und Radwegenetz“ und die „Weiterentwicklung des Radverkehrskonzeptes“. Einige Ziele seien aus rechtlichen Gründen nicht umsetzbar, andere fielen nicht in den Wirkungskreis der Stadt, heißt es im Gutachten.

Eine weitere Begründung für die Ablehnung ist, dass fünf Punkte aus dem Forderungskatalog aufgrund der genauen „quantitativen und zeitlichen Vorgaben“ nicht möglich seien. So sei schon die erste Forderung, nach 15 Kilometern Radverkehrsanlagen pro Jahr „rechtlich und tatsächlich unmöglich“.

Politisch sind die Forderungen des Radentscheids hingegen an sich gut angekommen. In der vergangenen Woche hatte die Initiative Vertreter von CDU, SPD, Grüne und SÖS/Linke-plus, also der vier größten Fraktionen im Gemeinderat, zu einer Diskussionsveranstaltung eingeladen. Das Fazit der vier Politiker war am Ende eindeutig: Lediglich die CDU-Vertreterin, Beate Bulle-Schmidt, stimmte den elf Forderungen nur zu „dreiviertel“ zu; Martin Körner (SPD), Christine Lehmann (Grüne) und Christoph Ozasek (SÖS/Linke-plus) unterstützen die Forderungen zu 100 Prozent.