Radfahren in Stuttgart In diesen Punkten sind Stadt und Radfahrer uneins

Der Gemeinderat hat bereits im Februar erklärt, Stuttgart zur Fahrradstadt zu machen und die Forderungen der Initiative Radentscheid übernommen. Keine Einigkeit herrscht allerdings bei der Frage nach der Art der Umsetzung.
Stuttgart - Auf den ersten Blick scheint alles ganz einfach. Trotz formal gescheiterten Bürgerbegehrens hat der Stuttgarter Gemeinderat im Februar die Forderungen der Initiative Radentscheid übernommen und die Absicht erklärt, Fahrradstadt werden zu wollen. Also sind sich alle einig – oder doch nicht?
Wie sich im Laufe des Radforums am Dienstagabend im Rathaus zeigte, sind zwar alle Beteiligten gewillt, Stuttgart zur Radstadt für alle zu machen und nicht nur „für ein paar Mutige“, wie Frank Zühlke vom ADFC formulierte. Über das Wie jedoch herrscht nach wie vor Dissens, vor allem zwischen der Verwaltung und den Rad-Aktivisten. Vertreter des Radentscheids plädieren dafür, einen Mindeststandard für die Qualität der Radinfrastruktur festzulegen, einen so genannten Stuttgart Standard. Wie schwierig das werden könnte, verdeutlichte die Diskussion über baulich abgetrennte Radwege. Diese sogenannten geschützten Radfahrstreifen sind die Wunschlösung vieler Radler, weil sie sicherer sind als die nur durch durchgezogene Linien von der Autofahrbahn getrennten Radfahrstreifen oder die an gestrichelten Linien erkennbaren Schutzstreifen.
Baulich getrennte Radwege für Stuttgart keine Lösung
Der städtische Verkehrsplaner Stephan Oehler äußerte sich skeptisch: baulich getrennte Radwege seien zwar wünschenswert, aber im engen Stuttgart „kein Best-Practice-Beispiel“ – in Städten mit mehr Fläche sei das anders. Die Verwaltung setze sich aber für den Radverkehr ein, so Oehler. „Wir kämpfen, gehen an die Grenzen“, sagte er. Man scheue sich nicht davor, Parkplätze zu streichen, selbst wenn das schwierig sei.
Lesen Sie hier: Das bedeuten die Fahrrad-Verkehrsschilder
Auch Susanne Scherz, Leiterin der Straßenverkehrsbehörde, mahnte, die Bedürfnisse anderer Verkehrsteilnehmer wie Rollstuhlfahrer, Schulkinder oder den ÖPNV nicht zu vergessen. „Der große Wurf klingt sexy, ist aber nicht realistisch“, so Scherz. Zu den Forderungen der Radfahrer-Vertreter nach breiteren Fahrstreifen äußerte sie: „Bei den Maßen, die der Radentscheid vorschlägt, müsste man die Stadt radikal umbauen.“
Grünen-Stadträtin fordert mehr Mut von der Verwaltung
Genau diesen Umbau forderten aber einige Teilnehmer des Forums, dem neben Vertretern von Radorganisationen auch Stadträte, Verwaltungsmitarbeiter und Rad fahrende Bürger beiwohnten. „Ohne eine große Umverteilung der Verkehrsfläche geht es nicht voran, das weiß jeder hier im Saal“, meinte ein Teilnehmer. Grünen-Stadträtin und Rad-Bloggerin Christine Lehmann verlangte von der Verwaltung den Mut, zumindest punktuell Akzente zu setzen.
So könne man beispielsweise zwei der vier Fahrstreifen auf der Theodor-Heuss-Straße zum Radweg umfunktionieren. „Dort versteckt sich der Radverkehr zwischen den Fußgängern“, so Lehmann. Und Stadtrat Christoph Ozasek (Die Linke) warf der Verwaltung vor, sie plane für den Verkehr, den es bereits gebe, nicht aber für jenen, den man sich wünsche. „So machen wir aber keine Fortschritte“, sagte er. Die Radler mit der großen Vision und die eher kleinteilig denkenden Pragmatiker der Verwaltung müssen jedenfalls noch viel diskutieren, um einen Konsens zu erreichen.
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