Wie elektrisch sind die Bewohner der Filder unterwegs? Was gut läuft und woran es hapert, erläutert eine Serie rund ums Thema E-Mobilität. Diesmal: Der Echterdinger Radhändler Stephan Bader hat einen Zukunftstrend erkannt.

Echterdingen - Wer noch allein mit Muskelkraft sein Rad bewegt, kennt das: Während man sich mühsam den Anstieg empor quält, ziehen Zeitgenossen mit Elektroantrieb mühelos vorbei. Seit der Akku das Treppeln unterstützt, entdecken immer mehr Freizeitsportler das Radeln für sich. Bei den Fahrradhändlern wächst die Abteilung Pedelec von Jahr zu Jahr. Stephan Bader vom Rad-Kraftwerk in Echterdingen hat den Trend kommen sehen und sich vor sieben Jahren als Anbieter selbstständig gemacht.

 

Mit dem Boom gewachsen

Der Fahrradladen des Technikers und Betriebswirts ist mit dem Boom gewachsen. „2009 habe ich damit begonnen, im ehemaligen Kuhstall unseres Wohnhauses nebenberuflich konventionelle Räder auf Elektro umzurüsten“, erzählt er. Das Pedelec für jedermann gab es zu jener Zeit noch nicht. „Man hatte die Wahl zwischen sehr hochpreisigen Modellen, die oft nicht einmal schön waren, oder Angeboten aus dem Baumarkt, die nichts taugten“, erinnert sich Stephan Bader.

Mit dem steigenden Interesse sanken die Kosten. Der Markt für Elektro-Räder explodierte, und Stephan Bader sattelte um. „Umrüsten war nicht mehr attraktiv. Die Hersteller hatten auf die Nachfrage reagiert und sichere Modelle mit mehr Funktionen zu adäquaten Preisen auf den Markt gebracht“, stellte der Rad-Experte fest. Der Zeitpunkt für den beruflichen Neustart war günstig. Seine Festanstellung im Management eines Autozulieferers gab Bader auf und setzte ganz aufs Fahrrad.

Jedes zweite verkaufte Rad hat E-Antrieb

Diese Entscheidung hat der 44-jährige Fahrrad-Tüftler nicht bereut, denn die Nachfrage wächst nach wie vor konstant. Die Verkaufszahlen belegen das. Mittlerweile ist nahezu jedes zweite Rad, das im Rad-Kraftwerk verkauft wird, mit Elektroantrieb ausgestattet. „Freizeitsportler im Rentenalter stellen mit 50 Prozent die größte Kundengruppe dar“, beobachtet Stephan Bader. Sie möchten in ihrer Freizeit aktiv sein, ihren Radius erweitern und sind solvent. Denn nach wie vor hat das Pedelec seinen Preis. „Für ein qualitativ gutes Modell muss man mit 2000 bis 3000 Euro rechnen“, sagt Bader.

Doch der Altersdurchschnitt sinkt. Immer mehr Berufspendler entdecken das Elektro-Rad als Alternative, mit der sich Zeit, Geld und Kräfte sparen lassen. „Gerade in einer stark profilierten Gegend wie der unseren, wo es ständig hoch und runter geht, ist das Pedelec eine tolle Sache“, sagt Bader. Seine berufstätigen Kunden berichten von staufreien Fahrten in die Stuttgarter Innenstadt und erleben vor allem den Wegfall der lästigen Parkplatzsuche als große Befreiung.

Als dritte Gruppe, die die elektronische Hilfestellung immer mehr zu schätzen weiß, hat der Fahrradhändler die Mountainbiker ausgemacht. „Die Kunden stehen zum unterstützten Fahren. Anders als früher ist es für den sportiven Fahrer heute kein Makel mehr, wenn er auf Elektroantrieb setzt. Wer aus dem Training ist oder älter wird, hat so die Möglichkeit, seinem Hobby länger nachzugehen“, stellt der 44-Jährige fest. Das gilt auch für Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen. „Der E-Motor nimmt den Schrecken vor dem Berg. Viele, die sonst nicht mehr aufs Rad gestiegen wären, trauen sich das wieder zu“, sagt der Fahrradhändler.

Bedürfnisse bestimmen die Nachfrage

So vielfältig wie die Bedürfnisse der einzelnen Kunden, ist mittlerweile auch das Angebot. „Wir unterscheiden zwischen drei Hauptgruppen – dem City Tiefeinsteiger, dem Trekking-Rad für sportliche Touren und dem Elektro-Mountainbike, das nun durch das Elektro-Fatbike Gesellschaft bekommen hat“, berichtet der Echterdinger Radexperte. Entscheidend für die richtige Wahl sind die Bedürfnisse des Kunden. Stephan Bader berät nach klaren Richtlinien: „Es geht darum, herauszufinden, für welche Anwendungen das Rad gedacht ist.“

Und man muss es ausprobieren. Probefahrten mit mehreren Modellen sind bei Stephan Bader Pflicht. Da kommt es schon einmal vor, dass der Kunde das Geschäft mit einem völlig anderen Gefährt verlässt, als er zunächst geplant hatte – oder ganz auf den Kauf verzichtet. Für Stephan Bader geht Sicherheit vor: „Wenn ich das Gefühl habe, dass die motorische und körperliche Fitness nicht stimmt, rate ich vom Pedelec ab.“

Manchmal hilft ein Sicherheitstraining. Denn auch das stellt der Fahrrad-Experte fest: „Die Umwelt nimmt die Radfahrer auf ihren Pedelecs nach wie vor falsch wahr.“ Viele Autofahrer seien noch nicht darauf eingestellt, dass eine 75-Jährige in Freizeitkleidung mit Rennradgeschwindigkeit daher komme. Deshalb lautet sein Rat: „Wer E-Bike fährt, muss besonders aufmerksam sein und für die anderen Verkehrsteilnehmer mitdenken.“

Unsere Online-Themenseite

Unsere Geschichten zur E-Mobilität auf den Fildern bündeln wir unter www.stuttgarter-zeitung.de/thema/Serie-E-Mobilität und www.stuttgarter-nachrichten.de/thema/Serie-E-Mobilität.