Die Tage werden länger, die Temperaturen klettern. Radfahren wird jetzt auch für diejenigen, die zuletzt lieber verzichtet haben, wieder attraktiver. Was sollten sie jetzt beachten?

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Die Hartgesottenen schwingen sich natürlich auch von Oktober bis März auf den Sattel: Radfahren, das geht immer, ob Kälte, Nässe, Wind oder Schnee. Die Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) in Baden-Württemberg, Gudrun Zühlke, sieht das ähnlich: eine Radsaison gibt es ihrer Meinung nach eigentlich nicht. „Radeln kann man immer.“ Dennoch gibt es Menschen, die den Drahtesel in den kälteren Monaten lieber stehen lassen. Was sollten sie jetzt, nach dem Restart aus der Winterpause, beachten?

 

Die Sauberkeit Was für den Mensch gilt, tut dem Rad ebenfalls gut: ab und zu ein bisschen abschrubben, das schadet nicht. „Nicht nur im Frühling, wenn man das Rad aus der Garage holt, sondern auch während der Saison“, sagt Viet Nguyen, „das unterschätzen die meisten.“ Kleinere Defekte – etwa am Schaltwerk – rührten oftmals daher. Der 29-Jährige ist Fahrradmonteur in der Radwelt in Möglingen. Er weiß, worauf es ankommt. Putzen kann man das Rad mit Wasser und einem Schwamm, Tuch oder einer Bürste. „Alle Teile, auch die Kette, einmal im Monat“, sagt Nguyen. Auch wenn es praktisch erscheint, in der Waschanlage mit einem Hochdruckreiniger dem Schmutz zu Leibe zu rücken, davon rät der Experte ab. Das Wasser könne in die Lager drücken und sie beschädigen.

Die Kette Die Kette sollte regelmäßig geschmiert werden – einmal komplett um die Kette herum, rät Nguyen, allerdings nicht mit zu viel Fett. Deshalb das übrige Material abziehen. Ist die Kette nicht mehr richtig gespannt, kann in der Regel nur ein Fachmann helfen. „Bei einigen Mountainbikes gibt es einen Hebel, mit der man sie nachziehen kann“, sagt Viet Nguyen. Das sei aber eher die Ausnahme.

Die Bremsen Lässt sich der Bremsgriff komplett bis zum Lenker durchdrücken, ist das kein gutes Zeichen. Nachsteuern lässt sich das bei gängigen Modellen mit Schrauben am Bremsgriff beziehungsweise -körper. Außerdem sollten Radler die Bremsbeläge oder -scheiben kontrollieren. Wenn diese zu stark abgefahren sind, müssen sie getauscht werden. Bei hydraulischen Bremsen kann es sein, dass sie entlüftet werden müssen.

Die Reifen Porös sollten die Reifen auf keinen Fall sein, auch Profil sollte noch genug vorhanden sein. Eine Regel, wie etwa beim Autoreifen gibt es nicht. „Aber das erkennen eigentlich auch Laien“, sagt Veit Nguyen. Luft gehört natürlich auch in den Reifen. Wie viel, hängt von Modell und Radtyp ab. Bei Rennrädern sind es zwischen 5 und 10 bar, bei Mountainbikes (1,7 bis 3) und Trekkingrädern (4 bis 5) deutlich weniger.

Das Licht Auch wenn die Tage immer länger werden, ein funktionierendes Licht kann überlebenswichtig sein auf dem Rad. Nach dem Winter gilt es, die Steckverbindung und Kabel zu kontrollieren, akkubetriebene Leuchten sollten fest montiert sein und müssen geladen werden. Um andere Verkehrsteilnehmer nicht zu blenden, kann man zudem überprüfen, wohin der Lichtkegel fällt.

Die Probefahrt So banal es klingt, hat man das Rad geputzt und die Sichtprüfungen durchgeführt, hilft ein Probefahrt – vielleicht nicht gleich auf dem steilsten Hügel, den man kennt. Fühlt sich irgendetwas nicht normal an? Macht das Rad beim Fahren ein komisches Geräusch? „Wenn man es dann nicht lokalisieren kann, geht man am besten in die Werkstatt“, sagt Nguyen. Im Übrigen: hat der Rahmen Risse, ist es ratsam, überhaupt nicht mehr mit dem Rad zu fahren.

Gundrun Zülke rät nach dem Kauf eines neuen Fahrrads auch erfahrenen Radlern, es erst einmal in einem „geschützten Raum“ zu testen. Denn jedes Rad reagiere anders. Für Menschen, die sich erstmals ein Pedelec anschaffen, sei ein Sicherheitstraining empfehlenswert. „Die digitale Anzeige ist für viele ungewohnt und wie eine eingebaute Ablenkung“, sagt Zühlke.

Welche Besonderheiten gibt es bei der Wartung von E-Bikes? Im Normalfall gilt: E-Bikes sind nur etwas für Experten, an der Elektronik herumzudoktern, davon rät Viet Nguyen dringend ab. Eine Schwachstelle sind die Kontakte des Akkus, die gereinigt werden sollten – allerdings nur mit einem Tuch. Der Experte verweist auf die Angaben der Hersteller zum Service und der Lagerung des Akkus über den Winter. Weil Pedelecs und E-Bikes schwerer als herkömmliche Räder und auch oft mit höherer Geschwindigkeit unterwegs sind, was die Bremsen stärker belastet, muss auch öfter danach geschaut werden.

Wann brauche ich einen neuen Helm? Mancher trägt seinen Helm gerne mal zehn oder noch mehr Jahre. Dabei schützt das Material nach so langer Zeit bisweilen nicht mehr so gut wie neues. Nach einem Sturz auf den Helm sollte er auf jeden Fall ausgetauscht werden. Beschädigt werden kann die Schutzausrüstung schon, wenn sie mal vom Tisch fällt. „Aber ich kann schon verstehen, dass man da nicht gleich 200 Euro ausgeben will, wenn das passiert“, sagt Nguyen.

Müssen Radler im Frühjahr besonders aufpassen? „Eigentlich sollten Autofahrer immer davon ausgehen, dass Radler unterwegs sind“, findet Gudrun Zühlke. Die Realität auf deutschen Straßen spiegelt das aber selten wieder. Innerorts müssen motorisierte Fahrzeuge – nicht nur Autos, sondern auch Motorräder – seit 2020 mindestens 1,50 Meter Abstand halten. Außerhalb geschlossener Ortschaften sind es zwei Meter.

Sich klein machen und extra an den Rand oder in Richtung parkender Autos zu drücken, das sei aber eher kontraproduktiv, sagt die ADFC-Landesvorsitzende. Man solle „sichtbar“ und „selbstbewusst fahren“, denn Autofahrer würden Hindernisse und Gefahr in der Mitte der Fahrbahn erwarten. Für ein gutes Miteinander auf der Straße sei die Kommunikation entscheidend – auch ohne Worte, so Zühlke. „Wenn der Autofahrer versteht, was ich tun werde, wird er mich nicht umfahren.“ Und als Radler sei man im Zweifel „immer der Dumme“, weil man weniger geschützt ist.

Was tun, wenn schlecht geräumt ist? Sind Radwege regelmäßig ungenügend geräumt, sollten sich Radler „entsprechend technisch ausrüsten“, sagt Zühlke. „Geübte Radfahrer haben in der Regel auch bei Schnee keine Probleme.“ Bei diesen Bedingungen auf die Straße zu wechseln könne gefährlich sein, „weil Autofahrer dann mit anderem beschäftigt sind, als auf Radfahrer zu achten“.

Welche Trends gibt es bei Rädern? Im Kommen sind laut den Mitarbeitern der Radwelt in Möglingen in diesem Jahr sogenannte SUV-Bikes: vollgefederte Treckkingräder mit breiteren Reifen. Außerdem geht der Trend zu „Light-E-MTBs“. Dabei handelt es sich um Pedelecs, die nicht schwerer als ein Mountainbike (15 bis 20 Kilo) sind. Ausgestattet sind sie mit kleineren Akkus als normale E-Bikes, dementsprechend sinkt die Reichweite, und die Unterstützung ist geringer. „Das sind Modelle für Menschen, die noch relativ viel selbst strampeln wollen, aber auf die Unterstützung nicht verzichten wollen“, sagt Veit Nguyen.