Mancher würde auf dem Weg zur Arbeit aufs Rad umsteigen – wenn er schnell vom Fleck käme. Im zunehmend unter der Verkehrsbelastung ächzenden Kreis Ludwigsburg werden jetzt werden Verbindungen von Stuttgart nach Bietigheim-Bissingen und nach Vaihingen/Enz geprüft.
Kreis Ludwigsburg - Hindernis- und kreuzungsfrei, in selbstbestimmtem Tempo und straff vorankommen: Radfahrer, die von Bietigheim-Bissingen via Ludwigsburg und Kornwestheim Richtung Stuttgart Strecke machen wollen, wissen, dass das auf dem größten Teil der Route ein vergebliches und auf dem Rest der Etappen ein ziemlich spaßfreies Unterfangen ist.
Gerade für Berufspendler könnten perspektivisch Radschnellwege Abhilfe schaffen: Der Landkreis Ludwigsburg hat für die Korridore Stuttgart – Bietigheim-Bissingen und Stuttgart – Vaihingen/Enz Machbarkeitsstudien bei einem Aachener Büro in Auftrag gegeben. Mit Ergebnissen rechnet der Kreis bis Ende des Jahres. „Radschnellverbindungen gerade für Pendler sind in Deutschland bislang noch ein selten genutztes Werkzeug zur Verkehrsverbesserung“, sagt der Landrat Rainer Haas. „ Wir wollen auf diesem Gebiet mit den Städten, Gemeinden und dem Land verkehrliches Neuland betreten.“
Je dichter der Siedlungsraum, desto schwieriger wird es
Die Erhebungen zu den beiden potenziellen Verbindungen reihen sich in Machbarkeitsstudien für knapp 30 Trassen ein, die das Land allein im Regierungsbezirk Stuttgart fördert; auch eine Strecke zwischen Waiblingen, Remseck und Ludwigsburg ist dabei. Rund 680 000 Euro schießt das Land für die Untersuchungen der Landkreise und der Stadt Stuttgart zu – das sind laut Information des Verkehrsministeriums 80 Prozent der Gesamtkosten.
In den Zielstädten der beiden Trassen durch den Kreis Ludwigsburg findet die Initiative Zuspruch: „Wir unterstützen die Aktion Radschnellwege von Beginn an, sind bei allen Beratungen zu dem Thema präsent und würden uns freuen, wenn geeignete Trassen gefunden würden“, sagt Anette Hochmuth, die Sprecherin der Stadt Bietigheim-Bissingen. Auch Thomas Schmitt, Vize-Leiter des Vaihinger Stadtplanungsamtes und fürs Radfahren zuständig – er legt seine knapp 20 Kilometer zum Arbeitsplatz selbst oft radelnd zurück – reckt beim Thema Schnellverbindung den Daumen hoch. Zwar komme man über ein gut ausgebautes Feldwegenetz teils schon ganz flott voran, „aber je dichter der Siedlungsraum wird, desto schwieriger wird es für die Radfahrer“. Schwierig würden aber auch die Verhandlungen, was die Flächen für einen Radschnellweg angeht.
Die Bedeutung von Naturschutz und Landwirtschaft
Ohnehin braucht das Vorhaben einen langen Atem. Sind die ersten Hürden genommen – dazu zählt, ob das benötigte Potenzial von mindestens 2000 Radfahrern am Tag erreicht wird – kommen Interessen von Naturschutz und Landwirtschaft ins Spiel, zudem müssen bestehende Straßen- und Radwegenetze eingebunden und Aspekte von Stadtplanung und -entwicklung bedacht werden. „Sie alle müssen gegeneinander abgewogen werden“, sagt Markus Klohr, Sprecher des Landratsamtes. „Auch Rechtsverfahren sind nicht ausgeschlossen, was Planung und Umsetzungshorizont weiter verlängern könnte.“
Träger eines Radschnellweges können sowohl Kreise als auch Kommunen sein; zur Finanzierung will das Land auf Bundesmittel von jährlich rund drei Millionen Euro zurückgreifen. So könnten grundsätzlich 75 Prozent der Kosten für Radschnellverbindungen gefördert werden. Städte mit mehr als 30 000 Einwohnern müssen allerdings die Baulastträgerschaft und damit die Finanzierung für die innerstädtische Teilverbindung übernehmen.
Am 2. Mai wird weiterüberlegt
Was ein Radschnellweg im Kreis kosten würde, lasse sich nicht pauschal sagen, erklärt ein Sprecher des Verkehrsministeriums. Erfahrungswerte aus den Niederlanden oder Nordrhein-Westfalen lägen bei einer halben bis zwei Millionen Euro, ergänzt Markus Klohr vom Landratsamt.
Konkreteres über Zuständigkeiten, Finanzierung und Förderung von Radschnellverbindungen im Land könnte es bald geben: Am 2. Mai lädt das Verkehrsministerium zu einer Impulsveranstaltung für die nächsten Etappenziele ein.