Mit Halt an drei neuralgischen Punkten hat die Fahr-Rad!Offensive auf einer Tour mit Verkehrsminister Winfried Hermann und Baubürgermeister Peter Pätzold auf die Verkehrsprobleme im Stadtbezirk aufmerksam gemacht.

Zuffenhausen - Im Namen der Fahr-Rad!Offensive Zuffenhausen befindet sich ein Ausrufezeichen. Als ein Ausrufezeichen ist sicherlich zu bewerten, dass die engagierte Initiative es geschafft hat, den baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann und den Baubürgermeister Peter Pätzold zu einer gemeinsamen Tour durch den Bezirk einzuladen. Und Ausrufezeichen waren zu spüren an jeder einzelnen Station, an der der Tross der Radler angehalten hat, um die Politiker auf die Situation vor Ort hinzuweisen.

 

Hans-Georg Kerler von der Fahrrad-Initiative, zudem Mitglied des Bezirksbeirats, stellte die drei Stationen in seiner Begrüßungsrede vor: Die Auffahrtsrampe der B10/B27 an der Friedrichswahl, deren Abriss seit zwei Jahrzehnten bereits gefordert wird; die Situation am Porsche-Platz, an dem ein noch zu planender Radschnellweg aus Richtung Vaihingen/Enz nach Stuttgart vorbeiführen soll. Und im Norden des Bezirks am Standort des angedachten Nord-Ost-Rings.

Mundschutz ab, und Helm auf – wie Radfahren in Zuffenhausen geht, stellte die erste Gruppe schnell fest. Geführt von Kurt Süpfle aus Zazenhausen, einer der Gründungsmitglieder der Fahrrad-Initiative, ging es idyllisch an Schrebergärten vorbei, bis plötzlich der Verkehrslärm der Heilbronner Straße losbrach und sich die Radler in den Schatten direkt unter die Auffahrtsrampe zurückzogen.

Streitpunkt Auffahrtsrampe der B10/B27

Dort sorgten Annemarie Raab von der Schutzgemeinschaft Krailenshalde sowie Christina Kolb vom Bürgerverein für die Ausrufezeichen. Weg mit der Rampe! Der Favorit der Bürger nach zig Jahren Planung: die Variante 8b. Und am Geld könne es nicht liegen, denn Mittel für Abriss und Neubau seien bereits seit 2008 im Haushalt eingestellt. „Wir sind uns aber durchaus bewusst, dass wir in Zuffenhausen nur mit der B10/B27 leben können, insofern wollen wir die Tunnellösung. Autos unten, Stadtbahn oben“, bekräftige Annemarie Raab, die durch den Rosensteintunnel einen weiteren Anstieg der Fahrzeuge im Stuttgarter Norden befürchtet, denn jetzt schon werden 72000 pro Tag gezählt. Verkehrsminister Winfried Hermann fühlte sich trotz der Kritik an der Verkehrsplanung sichtlich wohl bei den anregenden Gesprächen. „Das ist hier doch ganz anders erlebbar, als wenn man nur über Plänen sitzt.“

„Ich verstehe durchaus, was es bedeutet, durch Lärm und Abgase betroffen zu sein. Gute Politik lebt davon, dass man zuhört und auf Details eingeht“, sagte der Minister, der die Auffahrtsrampe als ein sehr „brachiales Bauwerk“ bezeichnete. Doch wie kompliziert der Sachverhalt ist, steckt gerade im Detail. Denn bei solch großen Projekten müssen Stadt, Land und Bund zusammen arbeiten, was die Realisation sicherlich nicht beschleunigt.

Radfahrer-Alltag in der Großstadt

Weiter ging es mit Ausrufezeichen: Auf dem Weg zum Porscheplatz hatte ein rücksichtsloser Autofahrer das Radweg-Bruchstück an der Schwieberdinger Straße zugeparkt. Radfahrer-Alltag in der Großstadt. Da hilft nur Achselzucken und die Weiterfahrt ins Grüne. Mit herrlichem Blick über die Landschaft im Norden des Bezirks präsentierte Joseph Michl von der Arge Nord-Ost die im Verkehrsministerium längst bekannten Argumente gegen die Pläne für den Nord-Ost-Ring: ein Natur-zerstörendes Straßenbauprojekt ohne echten Anschluss. „Ein unvollendeter Vorschlag und in seiner Konsequenz fatal“, betonte auch Minister Hermann, der darauf baut, dass sich das Projekt beim Bund zwar in der Phase des Planungsrechts befindet, aber eben nicht mit Planungspflicht. „Mit dem Wissen von heute kann so ein Projekt nicht gebaut werden“, sagte Winfried Hermann und machte auf die langwierigen Prozesse in der Planung von größeren Straßenbauprojekten aufmerksam – durchaus keine Entwicklung jüngster Zeit. „In der letzten Legislaturperiode durfte ich offiziell die Ortsumfahrung von Bad Mergentheim eröffnen. Die Planungen dafür begannen unter Filbinger, als er noch Innenminister war, also vor knapp 50 Jahren.“

Über die Felder und durch Zazenhausen hindurch ging es zurück zur Zehntscheuer. „Zum Glück gibt es die Debatte um den Nord-Ost-Ring, deshalb sind wir so weit hinaus gefahren in die Natur“, sagte der Minister. „Eine wirklich nette Tour“. Nett, ja. In der Sache waren sich alle Beteiligten im Prinzip einig. Für den einzigen Reibungspunkt sorgte der Fahrer eines Lieferwagens, der an der Ampel am Porsche-Platz gerade auf Grün wartete. Er beschimpfte die illustre Truppe durch das herunter gelassene Seitenfenster: „Scheiß Radfahrer! Habt ihr nichts zu arbeiten am helllichten Tag?“