Aktivisten fordern einen sichereren Fahrradverkehr in der Stadt: In Feuerbach und Weilimdorf erinnern nun zwei Ghostbikes an Radfahrer, die dieses Jahr bei Unfällen ums Leben kamen.

Stuttgart - „Radfahrerin 56 Jahre“ steht auf dem  Schild am weiß lackierten Fahrrad, das an der Ecke Rüdigerstraße/Heidestraße in Feuerbach angekettet ist. Ein schwarzes Kreuz und ein Datum komplettieren das Bild einer Todesanzeige. Tatsächlich kam hier am 9. September eine Pedelec-Fahrerin bei der Kollision mit einem Auto zu Tode. Am Donnerstag wurde an der Unfallstelle im Rahmen einer Gedenkveranstaltung des Radentscheids Stuttgart ein Ghostbike aufgestellt. Ein Velo, das die Verstorbene ehrt.

 

Sorgen auch um die Sicherheit der Kinder

„Die Verkehrssituation hier, mit der abknickenden Vorfahrtsstraße und der Haarnadelkurve in die Heidestraße hinein, ist eigentlich untragbar“, berichtet ein Anwohner, der sich unter den gut zwei Dutzend Teilnehmern der Ghostbike-Aktion eingefunden hat. Nicht zuletzt sorgt er sich um die Sicherheit seiner Kinder. Es vergehe kein Tag ohne Hupen und brenzlige Situationen. Vom Killesberg herunter seien Pkw trotz Tempo-30-Zone oft zu schnell, Gleiches gelte für den Ausweichverkehr von der Bundesstraße her. „Das Fahrgefühl der B 295 wird beibehalten, wenn die Leute hier durchkommen. Das ist eine Gefahrenquelle“, so der Familienvater.

Mehr Rücksicht für die Schwächeren gefordert

Das Geisterrad ist eine Mahnung zur Rücksichtnahme auf schwächere Verkehrsteilnehmer. Es ist auch ein Appell an die Stadt, über geeignete Maßnahmen vor Ort nachzudenken. Leider sei man der Auffassung, die Beschilderung mache den Übergang Rüdigerstraße/Heidestraße hinreichend sicher, so Thijs Lucas von Zweirat Stuttgart. Die Radfahrer-Initiative versuche dennoch, Verbesserungsvorschläge zu machen. Vielleicht täte es ja ein Stoppschild? Unten an der Rüdigerstraße gebe es einen Fahrradstreifen, merkt eine Bekannte des Unfallopfers an. Der breche aber unvermittelt ab. „Ich finde es gut, dass nun dieses Rad an den Unfall erinnert“, sagt sie. „Sonst ist alles vergessen, sobald die Markierungen der Polizei von der Fahrbahn verschwunden sind.“

Radverkehr nimmt jedes Jahr zu

Bei den weißen Zweirädern handelt es sich um ausgemusterten Privatbesitz, wie Christina Müller vom Radentscheid erklärt. Sie selbst hat das Rad zur Verfügung gestellt, das bereits am Nordbahnhof steht. Die Stadt müsse ihrem Versprechen, eine bessere Infrastruktur für Radfahrer zu schaffen, mehr Taten folgen lassen, findet sie. Der Radverkehr nehme jährlich um 10 bis 15 Prozent zu. Dem werde zu wenig Rechnung getragen. Auch die Unfallzahlen steigen. Am Donnerstagabend stellen die Rad-Aktivisten bereits das dritte Ghostbike des Jahres 2021 auf: in Weilimdorf. Am Übergang zwischen Ditzinger Straße und Bergheimer Straße. Am 6. September stürzte dort ein 61-Jähriger schwer, vermutlich, als er auf den Bordstein auffuhr. Der für den Radverkehr freigegebene Fußweg ist an dieser Stelle nicht anders zu erreichen. Der Mann verstarb wenige Tage später im Krankenhaus.