Anwohner äußern Bedenken, weil viele Parkplätze wegfallen würden. Der Bezirksbeirat ist tendenziell dafür, doch der Bezirksvorsteher äußert harsche Kritik an der Verwaltung.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Das Thema ist der Stadtverwaltung und den Bezirksbeiräten wichtig. Darum war der offiziellen Sitzung des Bezirksbeirats Süd am Dienstag ein digitaler Informations- und Ausspracheabend vorgeschaltet, bei dem Bürger das Wort ergreifen sollten. Es ging um den geplanten Pop-up-Radweg an der Böblinger Straße in Kaltental. Gemeint ist eine eigene Spur für Pedaleure, die kurzfristig und mit wenig Aufwand umgesetzt werden kann und vor allem mehr Sicherheit für Radfahrende bieten soll.

 

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Geplant ist diese Spur bergauf zwischen den Haltestellen Waldeck und Kaltental. Sie soll im Vorgriff auf eine mögliche größere Umgestaltung der Böblinger Straße realisiert werden, denn die dauert. Was die Sicherheit der Radfahrer betreffe, bestehe aber großer Handlungsbedarf, so die Meinung von Verwaltung und Interessensverbänden wie dem ADFC. Eine Untersuchung im Mai und Juli zeigte, dass Autofahrer beim Überholen oft zu dicht an den Radfahrern vorbeifahren – vor allem Richtung Vaihingen.

parken in Kaltental könnte künftig kosten

Doch dem Pop-up-Radweg würden 104 Parkplätze zum Opfer fallen. Eine Untersuchung der Verwaltung ergab, dass es im Einzugsgebiet 283 öffentliche Stellplätze gibt. Von diesen waren bei einer Zählung Mitte Dezember, abends um 22 Uhr, 239 Parkplätze belegt. Wenn 104 Parkmöglichkeiten wegfallen, wären es 60 Stellplätze zu wenig. Allerdings zieht die Verwaltung von diesen die von Anhängern und Wohnwagen quasi dauerbelegten Plätze ab, sodass sie auf ein Defizit von 30 kommt. Ersatz könne an der Christian-Belser-Straße und auf einem für eine Kita vorgesehenem Grundstück an der Böblinger Straße entstehen. Die Einführung eines Parkraummanagements in Kaltental ist zwar geplant. Ob und von wann an das Parken in Kaltental aber tatsächlich Geld kosten könnte, ist noch ungewiss. Ziel des Parkraummanagements ist es, Parken für Nicht-Anwohner teurer und damit unattraktiver zu machen, so dass Anwohner wieder leichter einen Stellplatz finden.

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Bei der Frage, ob man den Pop-up-Radweg in Kaltental wolle oder nicht, gehe es zugespitzt um die Frage, ob man einen sicheren Radverkehr oder aber lieber bequem und wohnortnah parken wolle. So formulierte es Rainer Wallisch von der Abteilung Verkehrsplanung und Stadtgestaltung. Das führte freilich zu Unmut unter Anwohnern, die sich zu der Sitzung zugeschaltet hatten. An der Böblinger Straße würden auch viele Familien und ältere Menschen wohnen. Viele seien auf die Parkplätze angewiesen. Zudem würden, wenn die öffentlichen Parkplätze wegfallen, Paket- und Lieferdienste sicher auf private Einfahrten und Stellplätze ausweichen.

Wäre ein sogenannter Pulk-Start für Radfahrer eine Alternative

Bezirksvorsteher Rainer Grieb war am Dienstag krankheitsbedingt nicht in der Sitzung, meldete sich jedoch am Mittwoch zu Wort. „Ich bin mit dem Konzept nicht zufrieden“, sagte er. Unstrittig sei, dass es mehr Schutz für Radfahrende in Kaltental brauche. Es gebe aber auch einen Lösungsvorschlag, bei dem viele Parkplätze erhalten bleiben könnten. Nämlich einen so genannten Pulk-Start. Bei diesem dürfen die Radler an der Ampel am Waldeck früher starten, so das sie eine kurze Zeit die Fahrbahn für sich allein haben. Die Autofahrer bekommen später grün. Die Ampelphase muss so bemessen sein, dass die Radfahrer bereits auf dem später beginnenden Pop-up-Radweg sind, wenn die Autofahrer sie erreichen. Zudem fordert Grieb, dass die angedachten Parkplätze für Anwohner bei der geplanten Kita an der Böblinger Straße zeitnah zur Fertigstellung des Pop-up-Radwegs verfügbar sind. „Wir sollten nach einem guten Kompromiss suchen. Da fehlt mir derzeit die Ambition der Verwaltung“, kritisiert Grieb.

Der Bezirksbeirat stimme bei seiner Sitzung am Dienstag nicht über den Pop-up-Radweg ab, es wurde aber ein Stimmungsbild erstellt. Bei diesem äußerte die Mehrheit Zustimmung. Am Dienstag, 15. März, beschäftigt sich der Ausschuss für Umwelt und Technik mit dem Thema.