Es war abzusehen, dass der unterlegene Bieter vors Gericht zieht. Die größere Zeitverzögerung geht ohnehin aufs Konto der Stadt, weil die erste Ausschreibung scheiterte, meint Redakteur Thomas Durchdenwald.

Stuttgart - Die Bahn betreibt über ihre Tochter DB Connect in fast 50 Städten Fahrradverleihsysteme, seit dem Jahr 2007 auch in Stuttgart. Nextbike lässt seine Räder in 45 Städten rollen – darunter sind 15 in der Region Stuttgart. Kein Wunder also, dass sich die beiden Unternehmen auch darum bemüht haben, im Sattel des gemeinsamen Radverleihsystems für Stuttgart und die Region zu sitzen. Doch da hat es nur für einen Platz, nach dem Willen der Stadt soll es die Bahn sein.

 

Auch in Berlin gab es Schlagzeilen

DB Connect und Nextbike – das sind zwei Große der in Zeiten des Mobilitätswandels aufstrebenden Branche, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite der Verkehrskonzern Bahn, der mit Imageproblemen kämpft, auf der anderen das 2004 gegründete Unternehmen, das Jahr für Jahr wächst und längst international tätig ist. Schon in Berlin sorgte das Vergabeverfahren für Schlagzeilen: Nextbike gewann und wirbt nun mit dem „größten deutschen Fahrradverleihsystem“, das unterlegene Call a Bike der Bahn baut an der Spree mit Lidl ein Konkurrenzsystem auf. Hart wird auch in Stuttgart gekämpft.

Druck auf Stadt und Bahn

Dass ein Kontrahent vors Gericht zieht, ist keine Überraschung. Für die größte Zeitverzögerung ist die Stadt wegen der gescheiterten ersten Ausschreibung ohnehin selbst verantwortlich. Jetzt wird die Übergangszeit für Call a Bike wahrscheinlich nochmals verlängert werden müssen.

Für Stuttgart, das dringend auf moderne Alternativen zum Autoverkehr angewiesen ist, bedeutet das keine gute Nachricht. Einmal mehr – wie schon bei den Radschnellwegen – lässt das Rathaus seinen Worten keine oder nur arg verspätete Taten folgen. Aufhorchen lässt aber auch die Kritik des Nextbike-Chefs an der Technik des Konkurrenten. Man kann das als Nachtreten eines potenziellen Verlierers abtun. Die Zweifel setzen Stadt und Bahn, die vor Jahren schon fast am Ende der Zusammenarbeit standen, aber unter Erfolgsdruck: Das neue Verleihsystem muss laufen wie geschmiert – normal und elektrisch angetrieben, in der Stadt und in der Region.