Mehr als eineinhalb Jahre hat das Gericht nach der Wahrheit gesucht – und zum Schluss Kleinteiliges zu Tage gefördert.

Stuttgart - I m Prozess um den Mordanschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback im Jahr 1977 hat das Oberlandesgericht Stuttgart am Freitag nach insgesamt 91 Verhandlungstagen die Beweisaufnahme beendet. In der kommenden Woche sollen die Plädoyers beginnen. Das Urteil in dem Verfahren soll voraussichtlich am 6. Juli verkündet werden. Die ehemalige Terroristin der Roten-Armee-Fraktion (RAF), Verena Becker, ist angeklagt, an dem tödlichen Attentat auf Buback und seine beiden Begleiter am 7. April 1977 in Karlsruhe beteiligt gewesen zu sein.

 

Am letzten Verhandlungstag gab Verteidiger Hans Wolfgang Euler in Beckers Namen eine Erklärung ab. Sie sei gemeinsam mit Peter-Jürgen Boock und einem weiteren RAF-Mitglied im März 1977 in Bagdad gewesen, sagt er. Becker selbst hatte bereits Mitte Mai eine Erklärung vor Gericht verlesen, damals allerdings eher vage von einer „Reise in den Nahen Osten“ gesprochen; von dort sei sie erst am Tag nach dem Attentat zurückgereist.

Kuriose Details: wegen zwei Ladendiebstählen verurteilt

Die 59-jährige Becker ist als Mittäterin des Attentats angeklagt; sie soll eine maßgebliche Rolle bei der Entscheidung für den Anschlag und bei der Organisation gespielt haben. Das Gericht hat aber bereits darauf hingewiesen, dass auch eine Verurteilung wegen Beihilfe infrage komme – wenn es überhaupt zu einer Verurteilung kommt. Für die These, dass Becker selbst als Schützin unmittelbar an dem Anschlag beteiligt war, hatten sich im Verfahren keine Belege gefunden. Die Frage, wer auf dem Motorrad saß, von dem aus die Tat begangen wurde, bleibt auch am Ende des Verfahrens unbeantwortet.

Ein eher kurioses Detail kam allerdings noch am letzten Verhandlungstag zu Tage, bei der Verlesung des Auszugs aus dem Bundeszentralregister: Nach ihrer Freilassung wurde die frühere Terroristin in den 90er Jahren zweimal wegen Ladendiebstählen verurteilt: 1996, weil sie bei Karstadt Bettwäsche geklaut hatte, zwei Jahre später wegen des Diebstahls von drei Büchern im Wert von 161,80 Mark. Am kommenden Dienstag (12. Juni) sollen die Plädoyers mit dem Schlussvortrag der Bundesanwaltschaft beginnen. Für das Plädoyer von Nebenkläger Michael Buback sind zwei Verhandlungstage eingeplant; ein weiterer für die Anwälte der Nebenklage. Beckers Verteidiger sollen am 25. und 26. Juni plädieren. Der Prozess hatte am 30. September 2010 begonnen.