Ex-RAF-Terrorist Stefan Wisniewski hat den ehemaligen Generalbundesanwalt Buback im Prozess gegen Verena Becker als NSDAP-Mitglied geoutet.      

Stuttgart - Vor Gericht war der ehemalige RAF-Terrorist Stefan Wisniewski äußerst schweigsam: Bei seinem Zeugenauftritt im Prozess gegen Verena Becker am vergangenen Donnerstag verriet er nur seinen Vornamen, sein Alter (57) und seinen Beruf („Seemann“). Ansonsten verweigerte er jede Auskunft. Doch auf die Rückseite seines schwarzen Kapuzenpullis hatte der Sohn eines polnischen Zwangsarbeiters in weißen Buchstaben eine Botschaft gedruckt: „Scigajcie ten slad“ - und darunter die Nummer 8179469.

 

Der Text war schnell entschlüsselt: „Verfolgt die Spur“ lautet die Übersetzung aus dem Polnischen. Doch die Nummer? Der ARD-Terrorismusexperte Holger Schmidt hat das Rätsel gelöst: Es ist die NSDAP-Mitgliedsnummer des ehemaligen Generalbundesanwalts Siegfried Buback, der am 7. April 1977 von Terroristen der „Rote Armee Fraktion“ ermordet wurde. Die Karteikarte liegt dem ARD-Reporter vor. Demnach beantragte der damals 20-Jährige am 11. April 1940 die Aufnahme in die Partei, am 1. Juli wurde dem Antrag stattgegeben.

Dass Buback Mitglied der NSDAP war, war bislang in der Öffentlichkeit nicht bekannt. Auch die RAF dürfte 1977 nichts davon gewusst haben - die Mitgliederkartei ist erst ab 1990 öffentlich zugänglich. Wie ein Sprecher der Bundesanwaltschaft mitteilte, wusste hingegen die Behörde davon.

Wisniewski redet nicht mit der Presse

„Einen Vorwurf kann man einem jungen Mann von damals 20 Jahren daraus nicht machen“, sagt der renommierte Berliner Rechtshistoriker Uwe Wesel, der selbst eher dem linken Spektrum zugeordnet wird. „In der Situation hätte ich das wahrscheinlich auch gemacht.“

Wisniewski will nicht mit Journalisten reden. Vielleicht hofft er, die öffentliche Aufmerksamkeit möge sich auf die Vergangenheit Bubacks richten - und weg von der Frage, wer Buback 1977 ermordete. Denn hierzu schweigen die ehemaligen RAF-Mitglieder eisern - und die Ermittler wissen auch nach 33 Jahren noch nicht, wer die tödlichen Schüsse vom Rücksitz eines Motorrades aus abfeuerte.

Verena Becker ist im derzeit laufenden Prozess angeklagt, als Mittäterin an dem Attentat beteiligt gewesen zu sein - jedoch nur wegen ihrer Rolle bei der Planung und Organisation. Was auch immer Becker weiß, sie schweigt. Auch gegen Wisniewski wird wegen des Mordanschlags ermittelt. Die RAF-Aussteiger Peter-Jürgen Boock und Silke Maier-Witt hatten ihn als möglichen Schützen genannt - was bemerkenswert ist, denn ansonsten halten sich beide mit konkreten Verdächtigungen zurück. Doch die Ermittlungen gegen Wisniewski ergaben bislang keine konkreten Spuren.

Die ehemaligen Kämpfer schweigen

Wissen müsste es Günter Sonnenberg - er gilt als derjenige, der das Tatmotorrad steuerte. Auch Sonnenberg wurde vergangene Woche als Zeuge gehört, doch obwohl ihm keine Strafverfolgung mehr drohen dürfte - Sonnenberg schwieg. Etwas anderes ist auch nicht von Brigitte Mohnhaupt und Knut Folkerts zu erwarten, die kommende Woche vernommen werden - auch sie haben angekündigt, zu schweigen.

So weist die stumme Botschaft auf Wisniewskis Kapuzenpulli auch auf eine andere Parallele hin, die der RAF-Aussteiger Peter-Jürgen Boock in seiner Aussage gezogen hatte: „Wir waren es, die von unseren Eltern Auskunft gefordert hatten über die NS-Zeit“, sagte Boock. „Mir ist aufgefallen, dass wir mit unserer verkorksten Geschichte dasselbe machen, nämlich nichts sagen oder etwas Falsches sagen.“