Für Michael Buback steht fest, dass bei den Ermittlungen viel zu viele Fehler passiert sind – und macht das in seinem Plädoyer im Prozess gegen Verena Becker klar.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Kurz vor dem Ende des langen Prozesses gegen das ehemalige RAF-Mitglied Verena Becker hat der Sohn das Wort. Und er macht erstmal deutlich, was er nicht sagen wird, bevor er anfängt, sein Plädoyer vorzutragen, das 175 eng beschrieben Blätter füllt. Diesen Stapel auf einem kleinen Rednerpult vor sich, erklärt er: „Sie werden von mir keine juristischen Ausführungen hören.“ Schließlich sei er ja kein Jurist, sagt der Sohn des im April 1977 ermordeten Generalbundesanwalts Buback. Was er könne, aus seiner Berufszeit, so der Professor, sei Probleme wissenschaftlich zu bearbeiten und zu lösen. Er geht davon aus, dass Verena Becker schoss. Die Bundesanwaltschaft geht hingegen nur von einer Mittäterschaft aus.

 

Diese Denkweise hat ihn geleitet, als er akribisch sein Schlusswort ausarbeitete. Kaum die Hälfte seiner Erkenntnisse trägt er am Donnerstag im Gerichtssaal vor. Der Grundton ist aber schon nach wenigen Kapiteln klar: Es ist nach Ansicht des Sohnes nicht sauber gearbeitet worden von den Ermittlern, die den Mord an seinem Vater Siegfried Buback, dessen Fahrer und einem Justizbeamten aufzuklären hatten. Auch das nun zu Ende gehende dritte Strafverfahren in der Sache, das umfangreichste und längste von allen, habe eines nicht vermocht: zu klären, wer schoss.

Zunächst befasst sich Buback mit Beckers Werdegang und der Geschichte der RAF – da schildert er wenig Neues. Doch beim zweiten Kapitel seines Schlussworts greift er die Ermittler scharf an. In der Anklageschrift sei von drei männlichen Tätern die Rede, sagt Buback, der Wissenschaftler. „Die Vorwürfe gegen die Angeklagte verblassen“, ist seine logische Schlussfolgerung daraus. „Wir müssen darauf achten, dass der Sitzungssaal kein logikfreier Raum wird“, mahnte Buback.

Schwerwiegende Fehler wirft der Sohn des Mordopfers jenen vor, die mit den Ermittlungen für die früheren Strafverfahren betraut waren. Er geht etliche Zeugenaussagen durch, zum Teil direkt am Tag der Tat aufgenommen. Michael Buback spricht dabei von einer „bedenklichen Neigung der damaligen Ermittler, die ungeeigneten Zeugen den geeigneten vorzuziehen“. Statt einer Frau, die direkt am Fenster eines Gebäudes in der Nähe des Tatorts stand und somit die Mordszene sehen konnte, sei ein Mann befragt worden, der gar nicht zum Fenster hinausgeschaut habe. „Erstaunlich und erschreckend“ findet es Buback, dass Zeugen, die von einer Frau auf dem Motorrad sprachen, von dem aus die tödlichen Schüsse abgefeuert wurden, nie Verena Becker gegenübergestellt wurden. „Wer hat damals in belastbarer Weise auf zwei Männer als Täter hingewiesen? Wie kann die Bundesanwaltschaft darauf beharren, dass keine Frau beteiligt war? Diese Frage bleibt für Buback nach der Analyse der Aussagen unbeantwortet. An diesem Freitag setzt er sein Plädoyer fort.