Die Stadt Stuttgart stellt fest, dass es an den Schulen zu wenige Hausmeister gibt, will aber weiter sparen. StZ-Kolumnist Erik Raidt erinnert sich an „seinen“ Hausmeister – und ist fassungslos.

Stuttgart - Stuttgart spart an seinen Hausmeistern. Laut einer Untersuchung mangelt es im Hausmeisterwesen der Schulen an vielem, beispielsweise an Hausmeistern. Eigentlich sollten 6,6 mehr Hausmeister an den Schulen arbeiten als dies derzeit wirklich tun, aber der Finanzbürgermeister Michael Föll bleibt angesichts der laufenden Haushaltsberatungen skeptisch. Man solle sich genau überlegen, ob 6,6 zusätzliche Hausmeister „in die finanzielle Landschaft passten“.

 

Diese Argumentation lässt nur einen Schluss zu: Der große Föll hat als kleiner Michael nie einen Hausmeister von Schrot und Korn erlebt, sonst würde er es niemals wagen, seine schwarzen Zahlen auf dem Rücken dieser Respektspersonen zu erwirtschaften.

Der Mann war ein Titan

Wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, fällt mir sofort das Gesicht unseres Hausmeisters ein. Meine Schulzeit liegt eine Weile zurück, viele Gesichter verblassen, aber das Gesicht des Hausmeisters vergesse ich nie. Der Hausmeister hatte einen Nachnamen, den ich an dieser Stelle aufgrund des Hausmeisterschutzes, vor allem aber aufgrund des Selbstschutzes, nicht nennen werde. Den Vornamen des Hausmeisters habe ich vergessen, ich weiß nicht, ob der Hausmeister überhaupt einen Vornamen hatte, genauso wenig, wie ich mich daran erinnern kann, ob der Mann jemals gelacht hat.

Vielleicht hinter unserem Rücken. Der Mann war an unserer Schule ein Titan, der jederzeit unsere kleine Welt aus den Angeln heben konnte. Er war Herr über zwei Fußballplätze und eine Tartanbahn, er besaß die Schlüsselgewalt über den Eingang zur Hölle, die in meiner Schule seinerzeit als Physiksaal bekannt war. Unser Hausmeister war gefürchteter als Algebra, härter als die Bundesjugendspiele, unnachgiebiger als Wolfgang Schäuble.

Aus, aus, das Spiel ist aus!

Wenn wir außerhalb der erlaubten Zeiten auf dem Rasenplatz kickten, kam unweigerlich der Moment, an dem am Horizont der Hausmeister auftauchte. Dies war für uns ein Gesetz, so sicher, wie jeden Morgen im Osten die Sonne aufging und die nächste Mathearbeit immer die schlimmste werden würde. Wenn der Hausmeister kam, ging für uns die Sonne unter, es war der Augenblick, in dem wir alle wussten: „Aus, aus, das Spiel ist aus!“

Vor unserem Hausmeister hatten wir Respekt. Nie hätten wir zu träumen gewagt, dass es über ihm eine Instanz geben könnte, die entscheidet, dass die Schulen mit zu wenig Hausmeistern auskommen sollten. Dass es überhaupt Menschen gibt, die es wagen, Hausmeister auf Stellen hinter dem Komma zu reduzieren: 6,6 Hausmeister fehlen – das ist ein schlechter Scherz, über den keine Schule lachen kann.

Nostalgische Grüße, Erik Raidt