Die Bahn hat ein Therapiezentrum für Manager mit Rechenschwäche eröffnet, in einem Nebengebäude können sich auch unter den Tisch gekehrte Zahlen behandeln lassen. Eine sinnvolle Maßnahme, findet StZ-Kolumnist Erik Raidt.

Stuttgart - Die Deutsche Bahn hat in Stuttgart ein Therapiezentrum eröffnet, in dem sich einige ihrer führenden Mitarbeiter behandeln lassen. Nach neueren Erkenntnissen leiden sie unter kollektiver Dyskalkulie. Experten halten diese Form der Rechenschwäche für so schwerwiegend, dass sie die Versetzung der betroffenen Mitarbeiter in höhere Managementpositionen akut gefährden könnte.

 

In einem Nebengebäude des Therapiezentrums hat die Bahn unterdessen einen Datenraum eingerichtet. Dort können sich jene Zahlen und Daten erholen, die Umgang mit den Bahn-Managern hatten. Einigen von ihnen soll es dem Vernehmen nach gar nicht gutgehen. Die Einzelschicksale sind teilweise erschreckend. So berichtet eine Zahl, die nicht öffentlich genannt werden will, man habe ihre Existenz jahrelang nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Niemand habe sich für sie verantwortlich gefühlt, sie sei gegenüber Dritten totgeschwiegen worden. Nun, da sie endlich in die Öffentlichkeit gelangt sei, behandle man sie wie eine Aussätzige, keiner wolle sich an sie erinnern und zu ihr bekennen.

Das Selbstbild löst sich auf

Aber es geht noch schlimmer. Eine andere Zahl berichtet von ihrem Schicksal im Zusammenhang mit einem Tiefbahnhof. Jahrelang habe sie gewusst, welchen Wert sie habe. Man habe ihr versichert, dieser liege bei 4,5 Milliarden. Nun jedoch müsse sie täglich mit anhören, dass ihr Wert weitaus höher sei, vielleicht 5,6 Milliarden, womöglich sogar 6,8 Fantastilliarden. Sie sei in höchstem Maße verunsichert, berichtet die Zahl, ihr Selbstbild habe sich aufgelöst. In Fachbüchern wird das Krankheitsbild als „Dehnzahl“ beschrieben.

Wieder andere Zahlen wissen zu berichten, sie seien unter den Tisch gekehrt worden, und man habe ihnen zu verstehen gegeben, dass sie ganz und gar unwahrscheinlich seien. Das Verkehrsministerium hat daraufhin den Datenraum als Geheimkammer bezeichnet und will dort nun in den hintersten Winkeln nach weiteren bisher verschollenen Zahlen suchen. Möglicherweise findet sich Hochprozentiges. Zuletzt hätten manche Zahlen miteinander Sirtaki getanzt und sich gegenseitig versichert, dass nun alles egal sei. Ouzo soll auch im Spiel gewesen sein.

Brutalstmögliche Transparenz

Die Bahn will die Sache nun mit brutalstmöglicher Transparenz aufklären. Dafür ist der Konzern weltberühmt. Als Chefaufklärer hat man den anerkannten Sachverständigen Graf Zahl gebeten, sich im Datenraum um die hilflosen Zahlen zu kümmern. Der aus der „Sesamstraße“ bekannte Finanzfachmann will dem Chaos mit Hilfe eines Rechenschiebers zu Leibe rücken. Sein Abschlussbericht soll spätestens 2024 erscheinen.

Mit unkalkulierbaren Grüßen, Erik Raidt