Noch ist kein einziger Zentimeter des Fildertunnels gegraben worden. Und es gibt eine Tunnelvortriebsgeschichte mit Namen Gerlinde. Außerdem passiert gerade Großartiges, schreibt StZ-Kolumnist Erik Raidt – und analysiert die Showqualitäten des Unterhaltungskonzerns Deutsche Bahn.

Stuttgart - Bei der Deutschen Bahn handelt es sich um ein Unternehmen, das sich die Steigerung der allgemeinen Lebensfreude zum Ziel gesetzt hat. In seinem Show-Repertoire bietet der Unterhaltungskonzern tolle Formate an. Zu diesen zählen Englischkurse: „Sorry, this train is delayed – Entschuldigung, dieser Zug hat Verspätung, wir haben verdammt noch mal auch keine Ahnung weshalb, also sprechen Sie unsere Mitarbeiter besser nicht an, die haben eh schon eine Stinklaune.“

 

Auf fantastische Einschaltquoten kam die Deutsche Bahn zuletzt mit ihrer Sitcom „Die Schlichtung“. Dabei philosophierte ein volkstümlicher Entertainer so lange über Fahrpläne, europäische Magistralen und Mineralwasservorkommen, bis alle am Schluss vor Erschöpfung nickten. Die Show lebte vom Casting der eingeladenen C- und D-Prominenz. Gastauftritte hatten ein Pfarrer, dessen Nachname entfernt an „Heuchle“ erinnerte, ein Feuerkopf aus der Stuttgarter Jugendhausszene und ein Bulldozer aus der Nähe von Pforzheim.

Volker Keefer: der Markus Lanz der Bahn

Zuletzt hatte das Bahn-Entertainment-Paket „Rail & Roar“ jedoch geschwächelt. Schon die Reality-Doku „Der Filderdialog“ floppte, weil der Konzern den coolen Entertainer aus „Die Schlichtung“ nicht mehr verpflichten konnte. Jetzt droht auch dem neuen Konzern-Hoffnungsträger „Die Lenkungskreissitzung“ das vorzeitige Aus – weil keiner mehr Lust hat mitzuspielen. Vielleicht liegt es auch am Anchorman. Volker Kefer, raunt man hinter den Kulissen, sei der Markus Lanz der Deutschen Bahn.

Die Bahn braucht einen Befreiungsschlag und ist mitten in der größten Not auf eine geniale Idee gekommen: eine unterhaltsame Wissenschaftsshow, bei der fachliche Aspekte nur wohl dosiert in das Programm eingestreut werden. In Wahrheit geht es aber um Heimat und Herzenswärme. Der interne Arbeitstitel für die Show lautet: „Der Fildertunnel“. Beim Fildertunnel handelt es sich um eine bombastische Tunnelröhre, die vom Hauptbahnhof hinaufführen soll auf die Filderebene.

Die Tunnelvortriebsmaschine Gerlinde

Hört sich furchtbar langweilig an, ist aber ungemein interessant, weil ein Riesenbohrer zum Einsatz kommt, der im „Sendung mit der Maus“-Stil erklärt werden kann. Jetzt braucht die Bahn nur noch eine Moderatorin für die Show, im Fachjargon „Tunnelpatin“ genannt. Klasse Idee, dass man dabei ausgerechnet an die Frau des grünen Ministerpräsidenten gedacht hat: Gerlinde Kretschmann würde mit diesem Amt auch die Patenschaft für die „Tunnelvortriebsmaschine“ übernehmen. Gerlinde besitzt im Althochdeutschen übrigens zwei Bedeutungen. „Ger“ steht für „Speer“ und „lind“ für „weich“.

Das Format könnte zum Straßenfeger werden: Die Tunnelvortriebsmaschine Gerlinde bohrt sich durch die Filder. Wie ein Speer durch den weichen Untergrund.

Bohrende Grüße, Erik Raidt