Der Wind of Change rauscht durch den Kessel. Viele schnappen nach Luft - ob wegen des Wahlergebnisses oder der gemeinen Haselnusspollen.  

Stuttgart - Fast über Nacht hat sich Stuttgart in ein impressionistisches Gemälde aus der Staatsgalerie verwandelt. Wie hingetupft stehen die Bäume in den traditionellen Frühjahrsmodefarben Hellgrün, Weiß und Zartrosa auf den Hängen. In der tief stehenden Morgensonne funkeln von den Dächern der Halbhöhe die Solarzellen - in solchen Momenten zeigt sich Stuttgart als blendende Schönheit.

 

Die Stadt hat sich ihr grünes Mäntelchen übergeworfen. Zwischen den Häuserschluchten der City keuchen winterspeckige Jogger, während manche Grünen-Wähler vor ihren Doppelgaragen darüber brüten, ob ihr Porsche auch wirklich den neuen Biosprit E10 verträgt. Im Rathaus und im Landtag diskutieren schwarz-gelbe Parteifreunde unterdessen, in welchen Wertstofftonnen sie ihre Altlasten ordentlich entsorgen können. In Einzelfällen wird über eine ökologisch korrekte Kompostierung nachgedacht: So könnten Auslaufmodelle Biogas produzieren.

"Baden-Württemberg: Wir können auch anders."

Der Wind of Change ist durch die Frischluftschneisen des Kessels gerauscht. Viele schnappen immer noch nach Luft, als wären sie Karpfen in einem sauerstoffarmen Tümpel. Es fällt schwer zu sagen, ob ihnen das Wahlergebnis den Atem geraubt hat oder ob sie nur unter der neuzeitlichen Pest dieser Jahreszeit leiden: den gemeinen Haselnusspollen. Sie sehen aus wie geprügelte Boxer - Nase zu, Augen geschwollen.

Noch vor wenigen Tagen hieß es, dass wir alles können, außer Hochdeutsch. Inzwischen muss die Kampagne geringfügig korrigiert werden. "Baden-Württemberg: Wir können auch anders."