Die Stuttgarter Kickers suchen ein neues Maskottchen. Aufgrund des derzeitigen Erfolgs könnten die Bewerber Schlange stehen. Doch StZ-Kolumnist Erik Raidt warnt vor den Gefahren im Maskottchen-Business.

Stuttgart - Eine in Stuttgarter Bestlage beheimatete Fußballmannschaft, die sich zu Höherem berufen fühlt, sucht für den Aufbau einer regional operierenden Sportmarke einen stressresistenten Mitarbeiter (w/m). Sie oder er sollte teamfähig sein, keine Berührungsängste kennen, tanzen, singen und grölen können, regelmäßige Arbeitseinsätze am Wochenende sind selbstverständlich. Der neue Mitarbeiter verfügt idealerweise über karnevalistische Grundkenntnisse im Dreikampf Schunkeln-Büttenreden-Kamellenschmeißen, er ist sich für keinen Blödsinn zu schade.

 

Bei der Stelle handelt es sich um das neue Maskottchen der Stuttgarter Kickers. Zuletzt war die Position von einem blauen Elefanten mit dem durchaus bizarren Namen Flori besetzt worden, jetzt ist alles wieder offen. Denkbar als Maskottchen wären ein Turm mit geschlossener Aussichtsplattform, ein Degerlocher Immobilienmakler im Anzug mit Kickers-Einstecktuch oder auch der blaue Elefant aus der „Sendung mit der Maus“. In diesem Fall müssten mit der ARD allerdings noch die Ablösemodalitäten geklärt werden.

Fritzle hat die Schnauze voll

Eine stabile Psyche ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Karriere im Maskottchenbusiness. Es gibt viele abschreckende Beispiele von Maskottchen, die der wechselhafte Erfolg ihrer Arbeitgeber in den Wahnsinn gestürzt hat. So hat der 1. FC Köln Generationen von Geißböcken verschlissen, die den Auftritt der jeweiligen Gurkentruppen nicht ertragen konnten. Schlimm ist es auch um das VfB-Krokodil Fritzle bestellt. Tagsüber macht es gute Miene zum traurigen Spiel, abends hockt es griesgrämig in zwielichtigen Kneipen des Leonhardsviertels herum.

Im Vollrausch ledert Fritzle über seinen Arbeitgeber ab. Er sei einst bei einem Fußballverein angestellt worden. Nun bespaße er samstags eine Thekentruppe, auf dem Platz stünden elf leere Flaschen. Er habe keinen Bock mehr, zur Spaßfraktion zu gehören, er sei nicht der Roberto Blanco des VfB. Und dieser Ibisevic sei kein Torjäger, er erinnere ihn vielmehr an seinen zahnlosen Kroko-Opa: Der war einst als Bestie aus den Everglades gefürchtet, nun werde er in einem Tierpark in Florida mit Brei gefüttert. Fritzle jedenfalls hat die Schnauze voll vom VfB. Seinen Job könnten künftig gerne ein Faultier oder Lady Gaga übernehmen.

Wer jetzt auf der Erfolgswelle surft und als Maskottchen bei den Kickers anheuert, sollte bedenken, dass er nicht nur Siege bejubeln wird. Er steht auch dann dumm an der Seitenlinie herum, wenn die Blauen mal wieder aus dem letzten Degerloch pfeifen.

Viele Grüße, Erik Raidt