Ralf Schumacher hat ein Problem: Er bekommt auch in seinem fünften DTM-Jahr keinen Fuß auf die Erde. Die Frage ist, wie lange er noch Lust hat und mitfährt.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Mannheim - Es ist wie verhext: wo Ralf Schumacher auch auftaucht, ist sein großer Bruder schon da. Im trostlosen Mannheimer Industriegebiet Neckarau lächelt der Rekordweltmeister von einem Plakat. Nur 300 Meter weiter steht Ralf Schumacher leibhaftig und mit entblößtem Oberkörper am Kofferraum seines Autos und zieht sich um. Es ist kalt. Das Leben eines Vagabunden führt ihn in die Kurpfalz, denn am Sonntag findet in Hockenheim das Finale der Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft statt. Und da fährt der „Bonsai-Schumi“ ja schon seit fünf Jahren mit.

 

Auf der Kartbahn in Mannheim muss der Mercedes-Pilot also Werbung machen, einige Fragen beantworten und später gegen die Kollegen Mike Rockenfeller (Audi) und Dirk Werner (BMW) auf der Kartbahn ein paar Runden drehen. Stargast ist die Degenfechterin Britta Heidemann als Botschafterin der Deutschen Sporthilfe – und natürlich auch als Gegnerin auf der Strecke. Auch hier gilt: es ist wie verhext! Ralf Schumacher hat die Quotenfrau zwar sicher im Griff, ist aber deutlich langsamer als Rockenfeller und Werner. So sah und sieht es für den Kerpener nicht selten auch in der DTM aus.

Ralf Schumacher ist seit fünf Jahren der namhafteste Fahrer einer weitgehend namenlosen Rennserie, aber er hatte zu fast keinem Zeitpunkt Erfolg – und das ist sein Problem. Am Sonntag fahren der Brite Gary Paffett (Mercedes) und der Kanadier Bruno Spengler (BMW) den Titel untereinander aus. Theoretische Chancen besitzt auch der Mercedes-Mann Jamie Green, aber dafür müssten sich die beiden anderen Piloten schon ganz gepflegt in die Karren fahren. Dabei sind Paffett, Spengler und Green nicht unbedingt Stars, mit denen sich das deutsche Publikum in einer deutschen Rennserie auf Teufel komm raus identifizieren kann.

Platz acht folgt der Absturz

Schon eher mit Ralf Schumacher, dem eigentlich als Galionsfigur verpflichteten ehemaligen Formel-1-Piloten, der sechs Grand Prix gewann. Doch nichts ging voran. In seiner zweiten Karriere tritt der jüngere Schumacher-Bruder als Ritter der traurigen Gestalt auf. Er wurde am Ende einmal Achter, einmal Elfter, zweimal 14. – und vor dem Finale steht er in seinem eigentlich starken AMG-Fahrzeug nur auf Rang 18. Dem Mut machenden achten Platz der Vorsaison folgte der totale Absturz.

„ Die Saison lief alles andere als gut, aber ein bisschen Pech, das hatte ich auch“, sagt Ralf Schumacher in Mannheim und meint damit etwa die Elektrik, die ihn in diesem Jahr schon im Stich ließ. Die Frage ist nun, wie es mit ihm weitergeht – so jedenfalls dürfte die DTM dem in Salzburg lebenden Rennfahrer keinen Spaß mehr machen. Deshalb will der passionierte Jäger daheim im Salzkammergut ein wenig über seine Zukunft nachdenken. „Ich werde mich im Winter in Ruhe hinsetzen und überlegen, was ich noch mache oder auch nicht mache“, sagt Ralf Schumacher – und ein bisschen klingt es auch schon nach einem Ergebnis: demnach sagt er eher Adieu.

Die Vorahnung des großen Bruders

Der Mercedes-Sportchef Norbert Haug wird sich das Thema Ralf Schumacher sicher nicht als Hausaufgabe mit in die Weihnachtsferien mitnehmen. Nicht vor, aber nach dem Saisonfinale am Sonntag will sich Mercedes mit dem Fall befassen, kündigt er an. „Ralf hat der DTM eine Bedeutung gegeben und ihr sehr viel Gutes gebracht“, sagt Haug dann noch. Doch er entscheidet sich in diesem Fall für die Vergangenheitsform – auch das klingt eher nach Abschied.

Dass der große Bruder den Formel-1-Mercedes gegen den DTM-Mercedes tauscht, ist derweil unwahrscheinlich. Vor fünf Jahren hatte Michael Schumacher ja schon eine gewisse Vorahnung und seinen Bruder gewarnt: „Wir Schumachers haben in einem Tourenwagen nichts zu suchen.“