Von Taunus bis Targa: Beim offenen Sonntag bestaunen die Zuschauer faszinierende Oldtimer.

Leonberg - Bei der Leonberger Familie Armleder wird die Sache mit dem Schwiegermuttersitz nicht so eng gesehen. Damit für den Rest vorne genug Platz ist, lässt sich die Mutter freiwillig hinten auf dem Notsitz des Ford A nieder. Das Sport-Coupe aus dem Jahr 1928 war serienmäßig damit ausgestattet.

 

Der Schwiegermuttersitz ist nicht der einzige Hingucker der 23. Rallye Leo-Motor-Classic, die am Sonntagvormittag nicht nur Autofans auf den Marktplatz lockt. Die Werbegemeinschaft Faszination Altstadt kann zum Auftakt des verkaufsoffenen Sonntags beinahe 90 betagte Vehikel aufbieten, die den Zuschauern so manche Ahs und Ohs entlocken.

Australisches Outback überstanden

Gerhard Freitag aus Korntal fährt mit einem 90 Jahre alten Marmon 68 Coupe vor. Der amerikanische Oldtimer kostete damals knapp 1000 Dollar, die Produktion wurde wegen der Weltwirtschaftskrise 1933 eingestellt.

Der frühere Rennchampion Eberhard Mahle, der seit Jahren die Oldtimer in der Altstadt präsentiert, hat noch mehr Extraordinäres anzusagen: Immer wieder gern gesehen wird Buik Master SIX 27/25 aus dem Jahr 1927, der sogar das australische Outback überstanden hat, wie sein Halter Bernd Nixdorf nicht ohne Stolz erwähnt. Der Leonberger und seine Frau Ingrid haben sich im Stil der Zwanziger gekleidet, andere Rallye-Piloten sind im Flower-Power- oder Hippie-Look unterwegs.

Besuch aus der alten Heimat

Die weiteste Anreise hat die Familie von Josef Moullion aus Groß-Gerau. Sie sind alte Bekannte von Elke Staubach, die aus der südhessischen Kreisstadt stammt. Nach vielen Jahren hat es jetzt endlich mit der Rallye in Leonberg geklappt. Die CDU-Fraktionschefin genießt es, sich von ihren Freunden in einem 60 Jahre alten Austin Healey MKI chauffieren zu lassen.

Die Leo-Motor-Classic wird zusehends zur Familienrundfahrt. Viele Paare haben ihren Nachwuchs dabei. So weckt der Ford Taunus 12MP4 von Michael Schätzl Erinnerungen an einstige Sonntagsausflüge mit Kind und Kegel. Und dafür ist der 54 Jahre alte Taunus auch heute noch gut. Der Leonberger hat die ganze Familie in das Erbstück seines Vaters gesteckt.

Die junge Mitfahrerin in Rainer Waldherrs Mazda 323F ist sogar erst ein halbes Jahr alt. Sonst sitzt seine Partnerin Elke Zinßer an seiner Seite. Diesmal ist die Mundart-Kolumnistin unserer Zeitung mit ihrer Tochter in einem Polo 86 c unterwegs. Während die meisten anderen Autos der permanenten Betreuung bedürfen, hat der 31 Jahre alte VW noch keine nennenswerte Reparatur hinter sich.

Deutsche Wertarbeit

Der Mercedes-Benz 190 von Rudolf Wagner aus Gerlingen wurde erstmals vor gut 60 Jahren zugelassen. Sein LEO-Kennzeichen von damals hat er nach 434 000 Kilometern bis heute. Deutsche Wertarbeit!

Heutzutage kaum zu sehen ist ein quietschgelber 59 Jahre alter VW Buggy, mit dem Klaus Hasenmaier aus Heimsheim vorfährt. Ein weiteres VW-Modell, der Karmann Ghia, hat ebenso Seltenheitswert. Der von Mark Raiser aus Leonberg ist fast ein halbes Jahrhundert alt.

Selten auf den Straßen unterwegs ist mittlerweile auch ein Porsche 911 F Targa, mit dem Volker Merk ins Rennen geht. Der Gegenentwurf zum Luxusflitzer ist der legendäre Citroën 2 CV. Guido Illeson zeigt lächelnd seine 33 Jahre alte Ente.

Nur 402 Modelle

Der Alfa Romeo Junior Zagoto 1600 mit Holzlenkrad des Leonbergers Ernst Krauss wurde nur 402 mal gebaut. Nur 500 mal gibt es Rover Mini-Sondermodell Cooper Blue Star, mit dem Otto und Timo Gütelhöfer aus Flacht an den Start gehen.

Der Strom der historischen wie faszinierenden Vehikel will gar nicht abreißen, und Joachim Heller, der Vorsitzende der Werbegemeinschaft, ist sichtlich zufrieden. Vor allem aber, weil der Marktplatz auch am Nachmittag gut gefüllt ist. Die Menschen bestaunen nicht nur die zurückgekehrten Oldtimer, sondern nutzen das spätsommerliche Wetter ausgiebig zum Bummeln und Kaufen.