Der Fastenmonat Ramadan ist zu Ende. Drei Muslime erzählen, welche Erfahrungen sie während dieser Zeit gemacht haben und warum Enthaltsamkeit eine Bereicherung sein kann. Mehr Gelegenheit zum Austausch bietet ein Fest am 8. Juli.

Rems-Murr-Kreis - Ans essen müssen sie sich erst wieder gewöhnen: Batuhan und Mustafa Gül aus Backnang und der vor zwei Jahren aus Syrien geflüchtete Mohamad Amjad Hajjar haben wie unzählige andere Menschen muslimischen Glaubens während des Fastenmonats Ramadan, der am Samstag geendet hat, Tag für Tag von Sonnenauf- bis zum -untergang auf Speisen und Getränke verzichtet. Gerade bei der Sommerhitze klingt das nach einer Qual, die man sich gerne ersparen möchte.

 

Ist es aber nicht, sagt Mustafa Gül. Der 48-jährige Ingenieur engagiert sich seit mehr als zehn Jahren im Vorstand des Backnanger Moscheevereins und versichert: „Jeder, der mal gefastet hat und es nicht mehr kann, vermisst es.“ Seine gesundheitlich angeschlagenen Eltern beispielsweise: „Ihnen fehlt die Gemeinschaft und dass man sich auf Iftar, das gemeinsame Mahl am Abend, freut.“

Kein Druck auf Gläubige

Druck werde nicht ausgeübt, sagt Gül: „Jeder muss selbst wissen, ob er das machen will. Aber natürlich ist es einfacher, wenn die Familie mitfastet.“ Auch der 22 Jahre alte Mohamad Amjad Hajjar betont: „Eltern zwingen ihre Kinder nicht, zu fasten“. Die Kinder seiner Schwester hätten zwar unbedingt mitmachen wollen, „aber sie hat es ihnen nur bis 12 oder 13 Uhr erlaubt“. Mohamad Amjad Hajjar, der alleine in Deutschland ist, hat die Fastenzeit durchgezogen – trotz Sprachkurs am Vormittag und Praktikum bis in die Abendstunden. Nur einen Tag hat er ausgesetzt, weil er angeschlagen war: „Wenn man sich nicht wohl fühlt, darf man das.“

Für den 18-jährigen Batuhan Gül war es das erste Mal, dass er nahezu durchgängig gefastet hat: „Der Ramadan hat nach dem Abi angefangen und es gab von der Schule aus nichts mehr, was mich abgehalten hat.“ Sein Vater hat als Jugendlicher noch früher angefangen: „Zum ersten Mal komplett durchgefastet habe ich mit 13, 14 Jahren.“ Am meisten vermisst habe er während dieses Ramadans den Schlaf, sagt Mustafa Gül, der nach dem Gebet in der Moschee erst gegen 12 Uhr heimkehrte: „Man steht dann um 3 Uhr wieder auf, um zu frühstücken. Nachmittags merkt man, dass irgendwann die Konzentration nachlässt.“

Eine Phase der inneren Besinnung

Die Fastenzeit sei eine Phase der inneren Besinnung, sagt Mustafa Gül. Eine Zeit, in der man sich intensiv der Religion widme. Eine Zeit der Nächstenliebe: „Ich kehre in mich ein und erlebe bewusst, wie andere eventuell täglich leben, nämlich ohne Essen oder etwas zu Trinken. Wir hingegen haben wenigstens das Glück, dass wir abends essen können.“ Wobei Nichtmuslime vom gemeinsamen Essen oft eine falsche Vorstellung hätten: „Sie denken, da steigt jeden Abend ein Riesenfest. Tatsächlich handelt es sich aber um ein normales Essen, das man in Andacht zu sich nimmt.“

Gefeiert wird dann allerdings beim dreitägigen Fest des Fastenbrechens am Ende des Ramadan. Zusammen mit dem Opferfest einige Wochen später gehört es zu den wichtigsten islamischen Feiertagen und ist von seiner Bedeutung her mit Weihnachten vergleichbar. „Man besucht Eltern, Verwandte und Bekannte“, sagt Mustafa Gül.

Mit dem Schlemmen nach einem Monat Fastenzeit sei das allerdings so eine Sache: „Wenn man die Zeit durchgestanden hat, kann man gar nicht mehr so viel essen.“ Schon nach drei, vier Tagen lasse der Appetit nach, bestätigt Batuhan Gül: „Ich weiß nicht, ob der Magen kleiner wird, aber dann wird es besser.“ Für Mohamad Amjad Hajjar ist der Ramadan auch eine Gelegenheit, sich das Rauchen abzugewöhnen: „Alles, was eine Sucht verursacht, ist in unserer Religion nicht so gerne gesehen. Nach dem vorigen Ramadan habe ich drei Monate nicht mehr geraucht.“ Mal sehen, wie lange der Effekt dieses Mal anhält.

Was wünscht sich ein fastender Muslim von seinen Mitmenschen – Rücksicht? Respekt, sagt Mustafa Gül – auf beiden Seiten. „Unsere Religion steht für Frieden und ein Miteinander.“ Um Vorurteile und Missverständnisse zu beseitigen, müsse man sich begegnen, ergänzt Mohamad Amjad Hajjar: „Das ist die einzige Möglichkeit, sich verstehen zu können.“

Eine Gelegenheit dazu bietet sich am 8. Juli, beim Fest der Begegnung im Dorftreff in Weissach-Cottenweiler.

Ein wichtiges Datum

Kalender
Der islamische Kalender orientiert sich am Mond. Ein neuer Monat beginnt, sobald nach dem Neumond die Mondsichel wieder am Himmel erscheint. Ein Jahr hat nur rund 354 Tage. So kommt es, dass der neunte Monat Ramadan sich im gregorianischen Kalender, der sich an der Sonne orientiert und beispielsweise in Europa gilt, jedes Jahr um etwa elf Tage verschiebt.

Fastenzeit
Während des Ramadan sind Essen, Trinken, Rauchen und Sex von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang tabu. Alte, Kranke, Schwangere, Kinder vor der Pubertät und Reisende sind von der Fastenpflicht befreit. Das Fastenbrechenfest gehört zu den wichtigsten islamischen Feiertagen.

Fest
Der Verein Weissach Klimaschutz Konkret und die Türkische Gemeinde in Baden-Württemberg sowie der Kreisjugendring veranstalten zum Ende des Ramadans ein Fest mit Musik und Tanz und gemeinsamem Essen. Treffpunkt ist am 8. Juli der Dorftreff in Weissach-Cottenweiler, Heutensbacher Straße. Das Fest beginnt um 17 Uhr, wegen des Essens ist eine Anmeldung bis zum 5. Juli nötig an die Adresse smuezi@gmx.de oder unter 01 76/55 57 93 74.