Die Islamische Gemeinschaft feiert zum 18. Mal Iftar auf dem Ludwigsburger Marktplatz – Ludwigsburger OB Knecht: Das ist gelebter Dialog der Religionen.

Imam Abdussamed Tastan aus Esslingen sang in feierlichem Ton, die arabischen Worte hallten über den Ludwigsburger Marktplatz. „Oh ihr, die ihr glaubt, vorgeschrieben ist euch, zu fasten…Der Monat Ramadan ist es, in dem der Koran herabgesandt wurde… Wer nun von euch in diesem Monat anwesend ist, der soll in ihm fasten.“ Die Verse aus der zweiten Sure des Koran bildeten den feierlichen Höhepunkt beim Iftar, dem öffentlichen Fastenbrechen der Islamischen Gemeinschaft Ludwigsburg und Umgebung, das bereits zum 18. Mal seit 2001 im Zentrum der Stadt begangen wurde. Bewusst öffentlich, denn die Gemeinschaft hatte auch Nicht-Muslime dazu eingeladen.

 

„Hoş geldiniz“ – in Türkisch, Deutsch, Arabisch, Kurdisch und acht weiteren Sprachen hieß ein Schild die Besucher willkommen. Weit mehr als 1000 Gäste bevölkerten am frühen Sonntagabend die Bänke, auf den Tischen standen Datteln und Süßigkeiten und Wasser bereit. Moderator Fatih Kara sagte, die seien gut geeignet für den ersten Bissen nach dem Hungern. Im Ramadan sollen Muslime tagsüber nicht trinken und nicht essen, erst wenn die Sonne untergegangen ist und der Ezan, der Gebetsruf erklang, ist es wieder erlaubt. Dieses gemeinsame öffentliche Fastenbrechen hatte am Sonntag nicht nur eine religiöse, sondern auch eine politische Botschaft: ein Zeichen der Verständigung und des Austauschs.

Acht Mädchen tanzten im Gewand türkischer Derwische auf der Bühne. Foto: Peter Mann

Knecht würdigt ausdrücklich das gute Miteinander

Der Ludwigburger Oberbürgermeister Matthias Knecht sagte in seinem Grußwort: „Hier auf diesem Platz zwischen den beiden christlichen Kirchen wird der Dialog der Religionen sichtbar und gelebt, der uns so wichtig ist.“ Er spielte auf die Anschläge der letzten Monate an: Dieser Dialog sei allerdings herausgefordert, wenn Dinge passierten, „die uns nicht gefallen“. Der Schultes unterstrich, wie wichtig deshalb die Verständigung ist. „Lassen Sie uns in diesen schwierigen Zeiten zusammenhalten.“ Knecht würdigte ausdrücklich „das gute, gemeinsame Miteinander in Ludwigsburg.“

Diese Gemeinsamkeit betonten auch die Redner der Islamischen Gemeinschaft, die die Veranstaltung organisiert hatte. Der Vorsitzende Abdurrahman Pollatimur sagte, der Ramadan sollte für interreligiöse Begegnungen genutzt werden, um den Dialog und das Verständnis füreinander zu vertiefen, Der Iftar sei ein Symbol für das Miteinander in der Stadt. Muhittin Soylu von der Gemeinschaft Baden-Württemberg meinte, in einer Zeit wie dieser könne ein solches Zusammenkommen „nicht hoch genug geschätzt werden“. Die abrahamitischen Religionen – damit sind Judentum, Christentum und Islam gemeint – hätten viel Gemeinsames, das müsse man in den Vordergrund stellen. Makbule Kocak Kacar, die türkische Generalkonsulin, hob hervor, der Austausch sei „die Grundlage für ein friedliches Miteinander“. Sie wandte sich gegen „Islamophobie“ und betonte, es sei eine gemeinsame Aufgabe, die demokratischen Werte zu schützen.

Verschiedene Darbietungen und ein Ramadan-Quiz

Bevor die Sonne unterging, sorgten ein Ramadan-Quiz und Kindergruppen für Unterhaltung. Elf Knaben der Schülergruppe der Islamischen Gemeinschaft stellten spielerisch dar, was der Ramadan bedeutet. Sie trugen Lämpchen, einen kleinen Halbmond und ein Banner, sie setzten sich im Kreis, um zu zeigen, welch große Rolle die Gemeinschaft spielt. Zum Schluss warfen die Jungen Süßigkeiten unter die Zuschauer. Ein Mädchenchor sang ein Lied, in dem der Prophet Muhammed gepriesen wurde. Schön anzusehen war eine Tanzdarbietung von acht Mädchen, die sich im Gewand türkischer Derwische rasch über die Bühne bewegten.

Viele hunderte Essen wurden ausgegeben. Foto: Peter Mann

Zum feierlichen Moment des Fastenbrechens nach dem Sonnenuntergang um 18.30 Uhr rezitierte dann Imam Tastan den Koran, und nach dem Gebetsruf durften die Besucher zugreifen. Während sich der Abendhimmel über dem Marktplatz langsam verdunkelte, ließen sich alle Gäste ein Gericht mit Fleisch und Reis schmecken.

Was bedeuten Ramadan und Iftar den Teilnehmern und Teilnehmerinnen? Ibrahim G. drückte es so: „Für mich ist das weit mehr als nur eine Sache von Essen und nicht Essen.“ Es sei ein Gemeinschaftserlebnis, die ganze Familie sei einbezogen. Und der Ramadan solle nicht nur den Körper, sondern auch die Seele reinigen. Man könne sich mehr auf die Beziehung zu Gott konzentrieren. So seien auch Lästerungen und üble Nachreden gerade in dieser Zeit tabu. Ein anderer Muslim brachte es auf die Formel: „Den Körper hungern zu lassen, ist die Nahrung des Herzens.“