Obwohl es der Koran gar nicht vorsieht, verzichten schon Grundschüler im Fastenmonat Ramadan auf Essen und Trinken. Lehrerverbände warnen vor den gesundheitlichen Folgen.

Stuttgart - Es ist heiß, das Jugendfußballspiel ist in vollem Gange – das kann muslimischen Kindern im Fastenmonat Ramadan zum Verhängnis werden. Wer jetzt den ganzen Tag nicht isst und trinkt, läuft Gefahr, zu dehydrieren und umzufallen. Manchmal müssen Sportlehrer ihre ganze Überzeugungskraft aufwenden, um Kinder – und in diesem Fall ihre Väter – zu überzeugen, dass sie beim Sport zumindest etwas trinken sollen.

 

Immer wieder beobachten auch Grundschullehrer, dass sich Kinder am Fasten beteiligen. Das stellt jetzt der Verband Bildung und Erziehung (VBE) fest. Die Grundschüler würden den ganzen Schultag über nicht essen und trinken. Vielfach seien sie dann, besonders bei steigenden Temperaturen, zu erschöpft, um am Unterricht, an Klassenarbeiten, geschweige denn an Sportveranstaltungen teilzunehmen, warnt der Verband. Der VBE-Vorsitzende Gerhard Brand betonte: „Wir respektieren die Ausübung religiöser Vorschriften. Es ist aber eine Grenze überschritten, wenn die Gesundheit der Kinder und der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule leiden“.

Schulpflicht gilt auch im Fastenmonat

Brand weist weiter darauf hin, dass die Schulpflicht auch während des Fastenmonats gelte. Allerdings liege es im Ermessen der Schulleitungen, Kinder aus religiösen Gründen von bestimmten Schulveranstaltungen zu befreien. Das könnten etwa Sportfeste sein. Sollten sich Kinder trotz erkennbarer Erschöpfung weigern, zu essen und zu trinken, rät der Verband den Lehrern, die sich um die Gesundheit der Schüler sorgen, die Eltern zu benachrichtigen und die Kinder von der Schule abholen zu lassen.

In der Regel, auch das betont der Verband, gingen Eltern aber verantwortungsbewusst mit religiösen Vorschriften um. In der Grundschule ist das Fasten eigentlich gar kein Thema, sagt Oya Poyraz vom Vorstand der türkischen Gemeinde in Baden-Württemberg. Sie erinnert daran, dass die muslimische Fastenregel erst von der Pubertät an gelte. „Der Koran schreibt das nicht vor“, betont Poyraz mit Blick auf die Grundschulkinder. „Kleine sollten ebenso wenig fasten wie Alte, Kranke und Schwangere.“ Wenn es zu schwer sei, sollte man es lassen, sagt Poyraz. Sollten Kinder dennoch nicht essen wollen, weil sie es den Erwachsenen gleichtun wollten oder weil sie von zu Hause aus dazu angehalten werden, so sollten sie unbedingt trinken, findet Poyraz. Sie unterstützt es für die türkische Gemeinde ausdrücklich, wenn Lehrer, die sich um die Gesundheit der Kinder sorgen, das Gespräch mit den Eltern suchen.

Imame sollen Eltern aufklären

Der VBE erwartet, dass Imame Eltern darüber aufklären, dass Kinder unter zwölf Jahren „auf keinen Fall am Fasten teilnehmen sollen“. Die Gesundheit geht vor, findet auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Ihr Geschäftsführer Matthias Schneider beobachtet ebenfalls, dass Grundschüler fasten. Jedoch hält er nichts von landesweiten Appellen gegen das Fasten. Das könnte lediglich Abwehrreaktionen hervorrufen, befürchtet er. „Es kommt auf den engen Kontakt zwischen Elternhaus und Schule an“, betont Schneider. Pauschale Lösungen gebe es nicht. Er ist aber überzeugt davon, dass die Schulen das Thema „gut im Blick haben“. Wenn es dem Kind schlecht gehe und die Leistungen nachließen, gingen die Lehrer auf die Eltern zu.