Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Auch Benjamin Griffey, wie Casper mit bürgerlichem Namen heißt, hat allerdings reichlich Depression und Dystopie in seinen Texten zu bieten. Die nachdenkliche Seite seines Schaffens wird in der Schleyerhalle jedoch, freundlich formuliert, etwas unterbelichtet. Der ausgeprägte Wille des Sängers, es allen recht zu machen und dem unglaublich textsicheren Publikum ausnahmslos alle Gassenhauer zu servieren, ist dann doch stärker.

 

Den Vorwurf der Anbiederung und des Ausverkaufs aller ursprünglichen Intentionen der Hip-Hop-Bewegung musste sich Casper von Seiten der beinharten Puristen schon häufig gefallen lassen; das sei geschenkt. Doch selbst liberalere Geister mögen sich in der Schleyerhalle mehr als nur ein paar konsensfähige Ansagen (denn jawohl, auch wir sind gegen Nazis!) und einen Habitus wünschen, der mehr an Reflexion zu bieten hat als nur die mehrfach artikulierte unendliche Dankbarkeit über die Wogen des Schicksals, die einen kleinen Bub aus Extertal in Ostwestfalen mit seinem Traum von der großen weiten Welt nun auf die Bretter der Riesenhallen gespült haben.

Alles andere als die Regel

Denn das hat er doch gar nicht nötig. Casper hat seinen Weg zu einem der derzeit erfolgreichsten deutschen Popmusiker (im Gegensatz zu vielen anderen dieser Tage die Hallen füllenden jungen deutschen Popmusikern!) gemacht, indem er sich sorgsam ein Publikum erspielt hat – von seinem ersten Auftritt damals noch in der Röhre über das Longhorn bis hin zu nun Stuttgarts größter Veranstaltungsarena. Er hat dies geschafft mit zuletzt drei bemerkenswerten Alben, also einer Kontinuität, die heutzutage auch alles andere als die Regel ist. Und er verfügt über einen wachen Blick auf unsere Zeiten, wenngleich er die Emotionalität bisweilen fast schon überstrapaziert.

Musikalisch, um für das vermeintliche Stilkaleidoskop dann doch noch exakt zwei Schubladen zu finden, changiert der Abend zwischen angerocktem Hip-Hop und mit dem Mainstream flirtendem Alternativepop. Live von fünf Begleitmusikern gespielt, wirkt das in der Summe und im Verlauf eines knapp zweistündigen Konzerts etwas variantenarm; von jener Prägnanz, die Caspers herrlich raues Organ auszeichnet, würde man sich auch instrumental ein wenig mehr wünschen. Symptomatisch zu hören ist dies beim Stück „Sirenen“, das bei aller Show in der Schleyerhalle doch etwas von der Wucht der Albumeinspielung einbüßt.

Eine letzte Volte

Gänzlich unvermittelt endet dieses alles in allem ordentliche Konzert schließlich. Das Scheinwerferlicht erlischt, das Publikum steht schweigend da, da alle Beteiligten offensichtlich davon ausgehen, dass weder der Künstler sich verabschieden noch die Besucher die Zugabe einfordern müssen. Sie kommt dann „natürlich“ doch noch, und vielleicht ist diese letzte und wirklich verblüffende Volte ja auch dem Gesundheitszustand des Sängers geschuldet. Er sei sehr, sehr, wirklich sehr erkältet, beteuert Casper gleich mehrfach während des Konzerts, und hoffe, das alles durchzustehen. Das hat er in Stuttgart tapfer geschafft. Und das sei ihm natürlich auch für den Rest dieser Tournee von Herzen gewünscht. In diesem Sinne: Gute Reise – und gute Besserung.

Auch Casper ist gegen Nazis

Auch Benjamin Griffey, wie Casper mit bürgerlichem Namen heißt, hat allerdings reichlich Depression und Dystopie in seinen Texten zu bieten. Die nachdenkliche Seite seines Schaffens wird in der Schleyerhalle jedoch, freundlich formuliert, etwas unterbelichtet. Der ausgeprägte Wille des Sängers, es allen recht zu machen und dem unglaublich textsicheren Publikum ausnahmslos alle Gassenhauer zu servieren, ist dann doch stärker.

Den Vorwurf der Anbiederung und des Ausverkaufs aller ursprünglichen Intentionen der Hip-Hop-Bewegung musste sich Casper von Seiten der beinharten Puristen schon häufig gefallen lassen; das sei geschenkt. Doch selbst liberalere Geister mögen sich in der Schleyerhalle mehr als nur ein paar konsensfähige Ansagen (denn jawohl, auch wir sind gegen Nazis!) und einen Habitus wünschen, der mehr an Reflexion zu bieten hat als nur die mehrfach artikulierte unendliche Dankbarkeit über die Wogen des Schicksals, die einen kleinen Bub aus Extertal in Ostwestfalen mit seinem Traum von der großen weiten Welt nun auf die Bretter der Riesenhallen gespült haben.

Alles andere als die Regel

Denn das hat er doch gar nicht nötig. Casper hat seinen Weg zu einem der derzeit erfolgreichsten deutschen Popmusiker (im Gegensatz zu vielen anderen dieser Tage die Hallen füllenden jungen deutschen Popmusikern!) gemacht, indem er sich sorgsam ein Publikum erspielt hat – von seinem ersten Auftritt damals noch in der Röhre über das Longhorn bis hin zu nun Stuttgarts größter Veranstaltungsarena. Er hat dies geschafft mit zuletzt drei bemerkenswerten Alben, also einer Kontinuität, die heutzutage auch alles andere als die Regel ist. Und er verfügt über einen wachen Blick auf unsere Zeiten, wenngleich er die Emotionalität bisweilen fast schon überstrapaziert.

Musikalisch, um für das vermeintliche Stilkaleidoskop dann doch noch exakt zwei Schubladen zu finden, changiert der Abend zwischen angerocktem Hip-Hop und mit dem Mainstream flirtendem Alternativepop. Live von fünf Begleitmusikern gespielt, wirkt das in der Summe und im Verlauf eines knapp zweistündigen Konzerts etwas variantenarm; von jener Prägnanz, die Caspers herrlich raues Organ auszeichnet, würde man sich auch instrumental ein wenig mehr wünschen. Symptomatisch zu hören ist dies beim Stück „Sirenen“, das bei aller Show in der Schleyerhalle doch etwas von der Wucht der Albumeinspielung einbüßt.

Eine letzte Volte

Gänzlich unvermittelt endet dieses alles in allem ordentliche Konzert schließlich. Das Scheinwerferlicht erlischt, das Publikum steht schweigend da, da alle Beteiligten offensichtlich davon ausgehen, dass weder der Künstler sich verabschieden noch die Besucher die Zugabe einfordern müssen. Sie kommt dann „natürlich“ doch noch, und vielleicht ist diese letzte und wirklich verblüffende Volte ja auch dem Gesundheitszustand des Sängers geschuldet. Er sei sehr, sehr, wirklich sehr erkältet, beteuert Casper gleich mehrfach während des Konzerts, und hoffe, das alles durchzustehen. Das hat er in Stuttgart tapfer geschafft. Und das sei ihm natürlich auch für den Rest dieser Tournee von Herzen gewünscht. In diesem Sinne: Gute Reise – und gute Besserung.