Cro, der in Aalen geborene rappende Rekordbrecher mit Pandaohren, ist wieder unterwegs. Die Tour trägt den Titel „MTV Unplugged Zugabe“. Von der Intimität der ursprünglichen Unplugged-Aufnahmen war vor 13 000 Hörern in der Schleyer-Halle jedoch nichts mehr zu spüren.

Stuttgart - Vor anderthalb Jahren machte man den Stuttgarter Rekordbrecher und Pandamaskenträger zum jüngsten Künstler, dem bislang ein MTV Unplugged Album gewidmet war. Die Platte kam so gut an, dass Carlo „Cro“ Waibel derzeit mit einer „Zugabe“ abermals durch die Städte zieht. Am Samstag gastierte er in der Schleyer-Halle.

 

Auf drei Bühnenetagen verteilen sich Background-Sängerinnen, Streicher, Schlagzeuge, Saxo- und Xylophon, Orgel, Gitarristen, Bassisten und was noch alles. Im Grunde ist jedes gängige Instrument vertreten. Zwei große Bildschirme an den Bretterrändern lassen auch jene der 13 000 Gäste etwas sehen, die ganz hinten sitzen. Und was sehen sie? Den Mann des Abends, der mit „Hi Kids“ startet und die Hände in die Luft befördert. Da offenbart sich ein harter Kontrast zur Intimität der ursprünglichen Unplugged-Aufnahmen, die man im Mai 2015 im Ludwigsburger Scala vor lediglich 300 Hörern spielte.

Passend zum Heimspiel im VfB-Trikot

Leider gilt das auch für die Musik: Musste man im kleinen Kreis bar jeglicher Verstärker noch ausgefallene Arrangements austüfteln, drischt man in der Halle eben die Felle. Die Kompositionen sind vom Beat der Drums getriebene, ab und an tutet mal das Saxophon dazwischen, hört man die Hammond-Orgel pfeifen. Als Etikettenschwindelindikator fungiert Cros Freund DJ „Psaiko.Dino“. Selbiger zeigt sich dem Heimspiel entsprechend gewandet im VfB-Trikot. Allein: Wo ein DJ unplugged spielt, da müsste ja eigentlich Stille herrschen. Doch sei’s drum: Bei dieser „Zugabe“ geht es ohnehin weniger um künstlerische Entfaltung als darum, den Panda zu melken.

Die Anhängerschaft scheint nicht mit dem Rapper zu altern: Wenn der Schwarm in den Schwarm der Schwärmenden hinabsteigt, hallen die Jubelschreie noch so hoch und schrill wie vor ein paar Jahren. Keine Spur von Stimmbruch. So bekommt das Konzert sogar etwas Weihnachtliches, etwas Herzerwärmendes: ein Kinderchor mit Panda. Möglicherweise will er davon nichts wissen, aber ein Schmunzeln lässt sich mitunter einfach nicht unterdrücken, wenn Cro vor einer Horde junger Mädchen samt deren Vätern steht und, sich szenegerecht in den Schritt greifend, vom Handschellensex mit einer Polizistin singt („Cop Love“).

Wasserflaschen verteilt Cro persönlich

Sicher, sein Publikum sucht man sich nicht aus, aber absehbar ist’s halt doch: Da steht ein schlaksiger Typ in viel zu großen Klamotten mit liebenswürdig-trotteligem Fluidum auf der Bühne, trägt eine Pandamaske und trällert Lieder von Gemütlichkeit – Kenner des Dschungelbuchs könnten vom Balu-Effekt sprechen. Den Kapuzenpullover wirft Cro später mit den Worten „Hier ist’s aber auch heiß, Alder!“ in die Menge. Drunter: Ein schwarzes Shirt mit aufgedrucktem Alienkopf. „So sehe ich ohne Maske aus“, witzelt der 26-Jährige.

Was er hingegen nicht in die Fanmeute wirft: Wasserflaschen für die Stehenden. Die übergibt er persönlich. „Darauf fall ich nicht mehr rein“, lautet sein Kommentar zur bekannt gewordenen Anzeige einer Frau, die von ihm bei ähnlicher Gelegenheit versehentlich eine Flasche ans Hirn gedonnert bekam und ohnmächtig niedersank.

Der Versuch, die Show allen Umständen zum Trotz nicht wie eine präpubertäre Geburtstagssause aussehen zu lassen, verstört ein wenig: Hip-Hopper-Kumpel Danju eilt beim Titel „Meine Gang“ zur Unterstützung und stimmt kurz darauf den eigenen, düsteren Song „X“ mit den Worten „Ich geb‘ keinen Fick auf meine Ex-Bitch“ an. Auch als Cro das durch Frank Sinatra zu Ruhm gekommene „New York, New York“ startet, stockt einem der Atem – er bricht aber nach rund 30 Sekunden wieder ab. Alles in Ordnung.

Zum Finale werden die Streicher immerhin für einen Moment in den Fokus gerückt: Das Intro zu „Easy“ dürfen sie fiedeln. Jener auf den Rhythmen von Bobby Hebbs „Sunny“ fußende Überhit bescherte Cro bundesweite Bekanntheit. Doch hier im Kessel ist er halt Zuhause: „Stuttgart, ich komme wieder!“, ruft er zum Abschied: „Beziehungsweise: Ich bleib hier. Ich wohn’ ja hier!“