Partei wechseln, Mandat behalten: rechtlich ist das zulässig – und dennoch gegen den Wählerwillen.

 

Von Julian Illi

Moral - Oliver Kube und Claudia Dziubas wurden als Mitglieder der Linken in den Ludwigsburger Gemeinderat gewählt. Dass sie nun aus der Partei austreten, ihr Mandat aber behalten wollen, verzerrt den Willen der Wähler. Denn die Politikforschung zeigt: je größer die Kommune, in der gewählt wird, desto eher überlagert das Parteien-Etikett den Kandidaten-Bonus. In Ludwigsburg mit rund 67 000 Wahlberechtigten verdanken Kube und Dziubas ihre Sitze also eher dem Ruf ihrer bisherigen Partei, denn ihrem persönlichen Renommee. Da sie nun, ohne dass ein deutlicher Kurswechsel bei der Bundespartei erkennbar wäre, plötzlich ein Problem mit der Linken haben, wäre es ehrlicher, den Ratsstuhl zu räumen.

Sicher, es hat es schon krassere Farben-Wechsel gegeben, etwa im Stuttgarter Rat von Gelb zu Blau. Trotzdem dürfen sich all jene, die am 25. Mai 2014 in Ludwigsburg die Linke gewählt haben, veräppelt fühlen. Denn seit Mittwoch ist ihre Partei nicht mehr im Gemeinderat vertreten.

Die Stadträte behalten ihr Mandat – zum Ärger der Linkspartei

Das aber werden Kube und Dziubas nicht tun. „Wir haben unser Mandat von den Bürgern,“ sagt Kube. Es sei müßig zu spekulieren, ob er eher als Linken-Kandidat oder als Person gewählt worden sei. „Aber ganz sicher wurden wir für linke Politik gewählt, und die werden wir weiterhin machen. Wir stehen für die gleichen Überzeugungen und Ziele wie bisher.“ Ob er bei den nächsten Kommunalwahlen 2019 für ÖkoLinX antrete, werde er zu gegebener Zeit entscheiden.

Nicht nur der Kurs der Bundespartei hat das Zerwürfnis befeuert, auch vor Ort gab es Konflikte. Kube ist Mitorganisator des Musikfestivals „Mut gegen Rechts“, bei dem am 16. Juli unter anderem die Holocaustüberlebende Esther Bejarano in Ludwigsburg auftritt. Die Veranstalter hatten beim Kreisvorstand der Linken eine Förderung in Höhe von 150 Euro beantragt, was dieser aber laut Kube abgelehnt habe. Nach hitzigen Debatten sei eine „Alibi-Spende in Höhe von 50 Euro beschlossen“ worden.

Sebastian Lucke, der Linken-Chef im Kreis, kann die Kritik nicht nachvollziehen. In seinem Verband gebe es keine rechten Umtriebe, betont er. Der Beschluss, das Festival mit 50 Euro zu unterstützen, sei „ein legitimer Entscheid“ gewesen. Aber moralisch fragwürdig – findet zumindest Claudia Dziubas. „Allein das Gefeilsche um den Betrag zeigt, in welch desolatem Zustand sich die Partei befindet“, sagt sie.

Kommentar Pro: „Einwandfrei“

Dass Politiker genug von ihrer Partei haben, ist nicht zu beanstanden.

Von Tim Höhn

Demokratie - An sich ist es nichts Ungewöhnliches, dass Stadträte oder Parlamentarier aus ihrer Partei austreten, manchmal sogar in eine andere Partei wechseln. Eher selten ist da schon, dass eine Partei alle ihre Stadträte verliert – weshalb die Forderung des Linken-Landesverbands, Oliver Kube und Claudia Dziubas sollten ihr Mandat niederlegen, nachvollziehbar ist. Zumindest aus Perspektive der Linkspartei.

Tatsächlich aber gibt es dafür keinerlei Gründe. Eine Kommunalwahl ist in erster Linie eine Persönlichkeitswahl, das heißt: Es werden Köpfe, nicht Parteien gewählt. Wenn diese Köpfe nun ihren eigenen Kopf haben und nicht mehr bei der Linken mitmachen wollen, ist das für die Partei ärgerlich, aber rechtlich und moralisch einwandfrei. Völlig zu Recht kritisieren Wähler, wenn Politiker mehr der Parteiräson als ihrer Überzeugung folgen. Kube und Dziubas folgen ihrer Überzeugung, und ganz gleich ob man diese nun teilt oder nicht: dabei handelt es sich um einen höchst demokratischen Vorgang.

Kommentar Kontra: „Unlauter“

Partei wechseln, Mandat behalten: rechtlich ist das zulässig – und dennoch gegen den Wählerwillen.

Von Julian Illi

Moral - Oliver Kube und Claudia Dziubas wurden als Mitglieder der Linken in den Ludwigsburger Gemeinderat gewählt. Dass sie nun aus der Partei austreten, ihr Mandat aber behalten wollen, verzerrt den Willen der Wähler. Denn die Politikforschung zeigt: je größer die Kommune, in der gewählt wird, desto eher überlagert das Parteien-Etikett den Kandidaten-Bonus. In Ludwigsburg mit rund 67 000 Wahlberechtigten verdanken Kube und Dziubas ihre Sitze also eher dem Ruf ihrer bisherigen Partei, denn ihrem persönlichen Renommee. Da sie nun, ohne dass ein deutlicher Kurswechsel bei der Bundespartei erkennbar wäre, plötzlich ein Problem mit der Linken haben, wäre es ehrlicher, den Ratsstuhl zu räumen.

Sicher, es hat es schon krassere Farben-Wechsel gegeben, etwa im Stuttgarter Rat von Gelb zu Blau. Trotzdem dürfen sich all jene, die am 25. Mai 2014 in Ludwigsburg die Linke gewählt haben, veräppelt fühlen. Denn seit Mittwoch ist ihre Partei nicht mehr im Gemeinderat vertreten.