Laura Fröhlich bietet in ihrem Ratgeber „Familie als Team“ Strategien zur fairen Aufgabenverteilung in Beziehungen. Warum Frauen überbelastet werden und was Männer anders machen können.

Stadtkind: Erdem Gökalp (erg)

Es gibt ein einfaches Beispiel dafür, was für ein Konfliktpotenzial Haushaltsführung bei Familien haben kann. Beispielsweise mit der Frage, wer diese Woche den Einkauf erledigen soll. Gehen wir davon aus, dass wir eine klassische hetereonormative Beziehung haben und der Papa diese Woche mit dem Einkaufen dran ist. Doch ist für ihn auch gleich klar, dass er mehr zu tun hat, als sich im Supermarkt seinen Lieblingskäse und einen Kasten Bier zu kaufen? Er sollte zudem auch den Kühlschrank überprüfen, die Einkaufsliste schreiben, das Auto betanken und nach dem Einkauf die Lebensmittel an die dafür vorgesehenen Plätze einräumen. Er sollte zudem an keinen dieser Aspekte von der Frau erinnert werden müssen. Wenn das doch der Fall ist, dann liegt das möglicherweise daran, dass diesem besagten Vater das richtige „Haushalts-Mindset“ fehlt. So würde es zumindest die Autorin Laura Fröhlich ausdrücken.

 

Die Ludwigsburgerin ist unter anderem feministische Buchautorin und Speakerin. Von ihr stammt das Buch „Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles“. Zudem klärt sie ihre fast 43 000 Followerinnen und Follower über Instagram tagtäglich zu diesen Themen auf. Was es heißt, für Aufgaben bei der Familienorganisation echte Verantwortung zu übernehmen, damit setzt sich die Mental-Health-Expertin Fröhlich in ihrem im März erschienenen Buch „Familie als Team“ auseinander.

Ungleichheit im Haushalt: Die unsichtbare Last der Frauen

Mit ihrem jüngsten Ratgeber hat sie sich an das konfliktbehaftete Thema der fairen Arbeitsteilung in Familien gewagt. Denn, es verwundert kaum, fällt ein Großteil der unbezahlten Arbeit im Haushalt auf Frauen. Diese tragen die Verantwortung, Arzttermine, Einkäufe und das Organisieren von Kindergeburtstagen zu übernehmen und kriegen die wenigsten Anerkennung dafür. Die Folgen sind eine hohe mentale Belastung und möglicherweise Konflikte in Beziehungen, an denen diese nicht selten auseinanderbrechen.

Fröhlichs Vorschlag, wie man die mentale Überlastung einer Familienangehörigen vermeiden kann, ist – so banal das klingen mag – das richtige Organisieren von Aufgaben. Diese müssen erkannt, katalogisiert, gelistet, nummeriert, nach Wichtigkeit sortiert, zeitlich geplant und fair unter den Partnerinnen und Partner aufgeteilt werden. Es muss klar sein, was eine Aufgabe beinhaltet und ab wann sie als erledigt gilt. So sollte der Vater, der den Einkauf erledigen soll, nicht erst daran erinnert werden müssen, sondern selbst erkennen, wann der richtige Zeitpunkt zum Einkaufen da ist.

Effektive Familienorganisation: Die Kraft der Küchenkonferenz

Die Struktur beim Organisieren einer Familie sollte laut Fröhlich so gut sein, dass der Ausfall einer Person kein großer Rückschlag wäre. Man hält sich einfach an das System, auf das man sich zuvor als Familie geeinigt hat. Wie so ein System aussehen kann, das zeigt Laura Fröhlich detailliert auf, in dem sie sich an moderner Unternehmensführung und am klassischem Projektmanagement orientiert. Sie schlägt auch vor, dass man als Paar zusammenkommt wie zwei Arbeitskolleginnen und -kollegen, die gemeinsam für das Unternehmen ein Problem lösen sollen. Die Zeit als Liebespaar soll man bewusst wann anders ausleben. Das mächtigste Mittel, das sie einem dafür in die Hand gibt, ist die heilige wöchentliche Küchenkonferenz, bei der alle wichtigen Themen besprochen werden. Sie gibt in ihrem Buch unterschiedlichste Strategien an die Hand, wie so eine Organisation für eine funktionierende Beziehung aussehen kann.

In manchen Bereichen erscheinen ihre Werkzeuge geradezu radikal, in anderen ungewollt witzig. Beispielsweise liest sich der Vorschlag, sogenannte Eskalationsklammern einzusetzen wie die Anleitung zu einer passiv-aggressiven Eskalationsspirale. Diese sieht so aus: Statt dem Partner oder der Partnerin zu sagen, dass diese oder dieser die dreckigen Socken vom Schlafzimmerboden aufheben soll und damit in einen belastenden Konflikt zu geraten, markiert man das besagte Kleidungsstück einfach mit einer Wäscheklammer. Wenn die Socken nicht aufgehoben werden, erhalten sie noch eine Wäscheklammer. Und wenn man drei Wäscheklammern an den Socken findet, ist die letzte Eskalationsstufe erreicht und eine Sanktionierung fällig. Die Strafe muss nicht sehr ernst genommen werden, so reicht es, wenn man die Partnerin oder den Partner massiert oder zum Essen einlädt.

Laura Fröhlich ist Mental-Health-Expertin Foto: LF

Eine Frage wird in „Familie als Team“ leider nicht beantwortet, wahrscheinlich weil sie zu groß ist: Wie man den Mann davon überzeugt, diese Strategien auch wirklich anzuwenden oder überhaupt Aufgaben zu übernehmen. Denn selbstverständlich ist der Kampf um eine faire Aufteilung in der Beziehung auch ein feministischer. Das macht auch Fröhlich immer wieder deutlich. Frauen seien mit einem idealisierten Mutterbild konfrontiert, wonach sie die Kindererziehung und den Haushalt erledigen müssten und nebenbei noch den Ehrgeiz haben sollten, eine Karriere zu verfolgen.

Einseitige Überlastung

Laut Fröhlich habe man sich als Gesellschaft stillschweigend darauf geeinigt, zu akzeptieren, dass Aufgaben in klassischen Ehen entlang Geschlechterklischees aufgeteilt werden. Beispielsweise würden Frauen zwar oft in Teilzeit arbeiten, aber dennoch hoher Belastung im Haushalt ausgesetzt sein. Nur, dass sie weder Bezahlung noch Anerkennung für diese Arbeit erhielten. Dies führe eben zu der einseitigen Überlastung.

Ebenfalls kommt in „Familie als Team“ (Rowohlt, 14,99 Euro) sicherlich die Information zu kurz, dass sich nur jene Familien eine faire Aufteilung im Haushalt leisten können, die nicht täglich mit Existenznöten zu kämpfen haben. Doch ansonsten sind Fröhlichs Anleitungen ein gutes Werkzeug, auch in der eigenen Familie den Grundstein für die gesellschaftliche Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau zu legen.