Rathaus hat viel zu tun Mini-Fraktion bei Anträgen ganz groß

Auf Wunsch von Puls wurde zuletzt über frei laufende Katzen diskutiert. Foto: Daniel Karmann/dpa

Die Gruppe Puls im Marbacher Gemeinderat besteht nur aus zwei Mitgliedern, reicht aber mit am meisten Vorschläge ein. Die Verwaltung wird so auf Trab gehalten. Macht die Rathausspitze das noch lange mit?

Die Statuten besagen, dass die Gruppe Puls im Marbacher Gemeinderat kein Anrecht darauf hat, dass ihre Anträge tatsächlich auf der Tagesordnung landen. Das ist Fraktionen vorbehalten. Ein Status, den Puls nicht genießt. Dazu müssten mindestens drei Vertreter im Gremium sitzen, es sind aber nur zwei. Alternativ kann laut Geschäftsordnung ein Sechstel der 25-köpfigen Runde zusammen die Initiative ergreifen, um ein Anliegen zwingend behandeln zu lassen, sodass Puls sich für eine Idee Mitstreiter mit ins Boot holen müsste. Doch die Rathausspitze sperrt die Tür mit Verweis auf die Regularien nicht zu, lässt aus Kulanz nahezu alle Vorschläge des Duos bearbeiten. Die Frage ist nur: Wird das weiter der Fall sein?

 

Kein Problem, aber viel Zeit investiert

Denn ausgerechnet die Vorstöße der Mini-Gruppe beschäftigen die Verwaltung mit am meisten. Und die Mitarbeiter, so wird oftmals betont, seien generell durch ihr Tagesgeschäft schon stark eingespannt. Das dürfte nicht zuletzt für das Team vom Ordnungsamt gelten, das speziell in der Corona-Zeit an der Belastungsgrenze, manchmal wohl sogar darüber agierte. Trotzdem hatte sich unlängst dessen Vize-Chefin Christine Schläfle auf Puls-Antrag mit einer möglichen Katzenschutzverordnung für Marbach auseinander zu setzen. Die akribisch erstellte Vorlage muss viel Zeit gekostet haben, das Fazit lautete: die Stadt hat kein Katzenproblem, also braucht es auch keine Verordnung.

Viel Arbeit also für nichts, könnten Kritiker monieren. Und CDU-Mann Jochen Biesinger ließ das auch nicht unkommentiert. „Wir müssen uns bewusst machen, wie wir mit den Ressourcen unserer Verwaltung umgehen und wie wir das Notwendige vom Wünschenswerten trennen“, sagte er. „Diese Vorlage“, schob er nach, „ist sicher nicht in einer halben Stunde entstanden“.

Sechsmal so viele Anträge wie die größte Fraktion

Wie viel Zeit für die Bearbeitung eines Antrags investiert werden muss, lässt sich schwer pauschalisieren, gibt der Bürgermeister Jan Trost zu bedenken. Manche Themen ließen sich in nur wenigen Stunden aufbereiten. Andere wie eben die Katzenschutzverordnung oder auch der Antrag der SPD auf Errichtung einer Spielstraße in der Kernerstraße setzten umfangreiche Recherchen voraus. Fakt ist aber, dass Puls im Verhältnis zu seiner zahlenmäßigen Größe die Verwaltung am häufigsten auf Trab hält. Laut dem Rathauschef sind seit 2022 genau 36 Anträge eingegangen, zwölf davon von Puls, nur einer mehr vom Sextett der SPD, vier vom CDU-Quartett. Die Grünen mit fünf Sitzen reichten ebenso wie die siebenköpfige Riege der Freien Wähler zwei Vorschläge zur Bearbeitung ein. Hinter einem Antrag standen alle Fraktionen, einer beruhte auf einer Kollaboration von CDU und SPD, einer kam aus dem Ortschaftsrat. Würden die anderen Fraktionen im Verhältnis zu ihrer Größe so viele Anträge wie Puls aufsetzen, hätte die Verwaltung seit 2022 grob überschlagen 120 Themen behandeln müssen – und wäre damit wohl in Teilen lahmgelegt gewesen.

Da diese Werte aber nur in einem Rechenspiel erreicht werden, sieht Jan Trost keinen Handlungsbedarf. „So lange die Gesamtzahl der Anträge im Rahmen der letzten beiden Jahre verbleibt, ist dies aus unserer Sicht in Ordnung und auch ein wichtiges meinungsbildendes Instrument für unsere Fraktionen beziehungsweise Gruppen in unserer repräsentativen Demokratie“, erklärt der Bürgermeister. Erst einmal hat er einen Puls-Antrag nicht zugelassen, vor allem, weil zu dem Thema schon ein klarer Beschluss vorlag.

Puls hält sich sogar zurück

Puls-Sprecher Hendrik Lüdke ist ebenfalls nicht der Ansicht, übers Ziel hinauszuschießen. „Wir haben nun mal viele Ideen“, erklärt er. Und man wolle nicht nur die Vorschläge der Verwaltung abnicken. „Im Übrigen haben wir noch mehr Ideen, Anregungen, Wünsche“, betont Lüdke. Aber ob man es glaube oder nicht: Puls halte sich sogar zurück – aus Rücksicht auf die prekäre Finanz- und Personalsituation der Stadt. Der Gemeinderat bestimme die Kommunalpolitik, „und wenn der Gemeinderat auf sein Initiativrecht verzichtet, dann braucht den kein Wähler“, findet er.

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