Er ist der Promi unter Stuttgarts Aufzügen: der Paternoster im Rathaus. Doch wenn an dem Altertümchen etwas kaputtgeht, dann wird es kompliziert – und richtig teuer. Denn dann ist Handarbeit gefragt.

Stuttgart - Mal g’schwind das Hinweisbildchen ignorieren und mit der Leiter in den Umlaufaufzug? Das kann teuer werden. Denn die Stuttgarter Berühmtheit nimmt es wahrlich krumm, wenn ihre Kabinen aus dem Lot gebracht werden. „Jedes Ersatzteil muss handgefertigt werden“, erklärt Christoph Trost, Leiter des technischen Dienstes im Rathaus. Selbst wenn man der technischen Attraktion aus dem Jahr 1956 kaum etwas ansieht, kann schnell mal ein sattes Schadensümmchen zusammenkommen. Ein Handwerker hat es jüngst probiert – mit geschätzten 10 000 Euro Erfolg. Am Montag haben die Reparaturarbeiten begonnen, die rund zwei Wochen dauern. Die Leiter des Arbeiters hatte sich beim Aussteigen im vierten Stock verkantet. Ein Kratzer, eine etwas angehobene Kabinendecke – mehr ist auf den ersten Blick nicht zu sehen.

 

Christoph Trost weist auf den eigentlichen Schaden hin: Die Kabine hängt minimal schräg. Sie ist verkantet, das wichtige Spiel verschwunden. Wenn man den Paternoster weiterlaufen lassen würde, könnte der Schaden noch deutlich zunehmen. Deshalb steht das Rathaus-Wahrzeichen nach der jüngsten politischen Debatte über die Sicherheit schon wieder still.

Drei baugleiche Paternoster im Rathaus

Im Rathaus gibt es drei baugleiche Paternoster: den bekannten im Foyer, einen Richtung Heerstraße und einen an der „Rathauspassage 2“. Jeder hat zwölf Kabinen, die mit zwei großen Bolzen rechts oben und links unten an einer großen, umlaufenden Kette befestigt sind. Sie sind versetzt, damit die Kabine laut Trost nicht das „Gautschen“ anfängt – also nicht hin- und herwackelt. Die Kette wird über Zahnräder von einem Drehstrom-Asynchronmotor und 5,5 Kilowatt angetrieben – über ein gekuppeltes Schneckengetriebe. „Der Motor läuft vom ersten Tag an“, schwärmt Trost. „Wenn jemand mit einer Leiter in die Kabine geht, kann man natürlich nichts machen.“ Durch das sperrige Teil ist die Kabine so verschoben worden, dass die Bolzen verbogen sind. Sie müssen ausgetauscht werden. Dummerweise gibt es Ersatzteile für technische Raritäten nicht im Baumarkt. Deshalb dauern Reparaturen auch vergleichsweise lange. Der Betrieb des Paternosters kostet mit Wartung, Gebühren und Energie rund 5420 Euro im Jahr. Der Tüv prüft den Aufzug-Methusalem alle zwei Jahre.

Bei einem Stopp braucht es den Schlüssel

In der Region Stuttgart gibt es laut Trost vergleichsweise viele Paternoster. Allein in Stuttgart seien es etwa 30, schätzt er. Viele seien aber nicht öffentlich zugänglich. Grund für die Häufung der Umlaufaufzüge ist, dass die Herstellerfirma Zaiser in Fellbach saß. Sie hat auch am Rathaus-Paternoster anderthalb Jahre gewerkelt.

Im Jahr 2004 wurde der historische Lift technisch noch einmal aufgemöbelt und seine Sicherheit verbessert. Unter anderem gibt es einen Haltknopf auf jeder Etage, Sicherheitsklappen, die den Aufzug stoppen, wenn sie hochgeschoben werden, und eine Lichtschranke, welche die Fahrt stoppt, wenn sie eine bestimmte Zeit lang blockiert wird.

Stoppt der Paternoster, dessen Name auf den Rosenkranz mit Perlen an der Schnur hindeutet, dann müssen die Techniker ran: Nur sie können mit einem Schlüssel die Sperre aufheben und die Weiterfahrt ermöglichen. Entsprechend wenig begeistert ist Trost, wenn Jugendliche sich einen Scherz erlauben und den Aufzug ohne Grund stoppen. „Unter Umständen müssen wir dann von unserer aktuellen Arbeit extra zum Rathaus fahren.“