Bürgermeister Hofmann wird zum ersten Mal verhaftet. Warmbronn hat Besuch aus England.

Rutesheim/Leonberg - Das kann ja heiter werden: Jetzt haben selbst im einstmals pietistischen Rutesheim die Narren das Sagen. Nur in Leonberg ist der Pferdemarkt-Virus größer als der närrische. Immerhin haben am Schmotzigen Donnerstag wenigstens im Stadtteil Warmbronn die Beerlesklopfer klar gemacht, wer dort am Ruder ist.

 

Zum ersten Mal überhaupt haben die Ruademser Gumpa Hexa das Rutesheimer Rathaus übernommen. Mit der Unterstützung von gut 50 Zuschauern und einigen Aktiven vom 1. Karnevalsverein Leonberg schleichen sich die Hexen zur Mittagsstunde an die Stadtverwaltung heran. Doch die Beamten sind keineswegs unvorbereitet. Mit Warnwesten und Besen ausgerüstet warten sie bereits auf dem Vorplatz. Es kommt zu wilden Besenkämpfen bei Guggenmusik und mit Nebelmaschine.

Die Gumpa Hexa wähnen sich als die sicheren Sieger. Unter großem Getöse fordern sie den schwarz gewandeten Schultes Dieter Hofmann zur Kapitulation auf. Der Erste Beigeordnete Martin Killinger hat sich vorsichtshalber schon eine Sträflingsuniform angezogen. Doch ans Aufgeben denken beide nicht: „Im Übermut meint ihr, ihr könnt was bewegen. Das könnt‘ ihr uns glauben, da ham‘ wir was dagegen!“

„Für den Hofmann ist jetzt leider Schicht“

Andreas Flöck, der oberste Hexerich, versucht es mit guten Worten: „Für den Hofmann ist jetzt leider Schicht, der eine findet’s gut, aber die meisten nicht!“ Er lobt den Bau des neuen „Hauses der Kinder“ und die Eröffnung des neuen Lebensmitteldiscounters in Perouse.

Doch damit soll es genug sein mit den netten Worten: „Bezahlbarer Wohnraum, man glaubt es kaum, ist in Rutesheim wohl nur ein Traum“, werfen die Hexen dem Bürgermeister an den Kopf. Auch Parkplätze, gute Spielplätze und Straßenlaternen an der Hauptstraße sind Mangelware. Deshalb wollen sie einen Hexenrat einsetzen. Das ist das Kommando für den Sturm: Schreiend rennen die gut 20 Hexen ins Rathaus und holen auch die letzten Beamten aus ihren Büros. Verstecken hilft nichts.

Dieter Hofmann setzt sich heftig zur Wehr. Er kann erst nach einer Rangelei gefasst werden – und mit ihm der Rathausschlüssel. Die Beamten zeigen sich als faire Verlierer und tischen den neuen Machthabern Bier, Berliner und Bockwürste auf.

Auch in Warmbronn ist viel los

Am Ende findet es der abgesetzte Bürgermeister gar nicht so schlimm: „Als ich die Idee zum ersten Mal gehört hatte, dachte ich: Fasching passt nicht ins pietistische Rutesheim. Aber das heute war ganz toll!“

In Warmbronn hat man schon mehr Erfahrung mit Rathausstürmen. Seit 1999 übernehmen die Beerlesklopfer vom Schmotzigen bis zum Aschermittwoch die Geschicke des Ortsteils. Zur aktuellen Machtübernahme holen sie sich die Leicha Hexa aus dem Nachbarstadtteil Gebersheim zur Verstärkung.

Auch die Kleinen aus dem Kinderhaus fordern lautstark: „Schultes komm‘ raus, des Rathaus gehört uns!“ Ans Fenster tritt jedoch nicht der Ortsvorsteher Wolfgang Kühnel, sondern „der Brückenbauer aus England, Boris Johnson, himself.“ Perücke und Anzug erinnern an Kühnels Kostüm aus dem Vorjahr, als er sich durch Donald Trump vertreten ließ. „Wir in Warmbronn sind halt sparsam“, sagt er zwinkernd.

Anders als in Rutesheim konzentrieren sich die Übergabeverhandlungen auf die internationale Politik. Ortsvorsteher Boris Johnson und Zunftmeister Martin Schmid lachen über Donald Trump, den Brexit und Johnsons Idee, eine Brücke über den Ärmelkanal zu bauen, die Groko, das Berliner Flughafenchaos und Stuttgart 21.

Doch alles Reden hilft nicht. Jetzt wird gestürmt. Die Beerlesklopfer schleppen Kühnel alias Johnson aus der Ortsverwaltung. Da können Theresa May, Meghan Markle und die Queen nur hilflos zuschauen. Jetzt haben die Beerlesklopfer das Wort. Noch fünf Tage.