Hexen gegen Saurier und verrückte Wissenschaftler hieß es beim Rathaussturm in Weissach. Der angeklagte Bürgermeister Jens Millow muss sich einigen kritischen Fragen stellen, etwa zu den Ortsmitten und dem Hochwasserschutz.

Mit gespielter Wucht stoßen die Strudelbachhexen den Rammbock gegen das Zauntor, das vor dem Weissacher Rathaus aufgebaut ist. Dann stürmen sie ins Gebäude. Drinnen liegt überall Papier verstreut, Möbel sind umgestoßen, rote und blaue Blinklichter tauchen die Verwaltung in mysteriöses Licht. Menschen in weißen Kitteln laufen vor Dinos davon.

 

Die Menschenmenge vorm Rathaus kann dies alles verfolgen im Videostream, der auf das Gebäude projiziert ist. Alle halten gespannt den Atem an: Wo ist nur der Bürgermeister? Kann er den Strudelbachhexen beim Rathaussturm entkommen? Im Chefbüro sitzt tatsächlich ein Mitarbeiter im Dino-Kostüm am Schreibtisch, aber es ist nicht Millow. Ein brauner T-Rex hält ein Schild hoch „Ich bin nicht zuständig“ – ein kleiner Seitenhieb auf die Verwaltung.

In einem anderen Zimmer schließlich finden die Hexen Millow und führen ihn nach draußen ab, wo er sich im Hexenkäfig den Anklagepunkten stellen muss. Und zwei Mal muss Millow tatsächlich den ominösen Satz gebrauchen: „Da sind wir gar nicht zuständig.“ Etwa beim früheren Gasthaus Löwen in Flacht, für das es neue Ideen gibt, wo aber nichts voran geht. „Alles zerfällt, nichts passiert“, kommentiert es Strudelbachhexe Ralf Eberhardt, der die Anklage vorträgt.

Beim zweiten Punkt haben die Hexen sogar ein Video gedreht: Eine Strudelbachhexe mit Rollator sitzt auf den Stufen der neuen Volksbankfiliale und bettelt um Geld. Abheben kann sie es in der nicht-barrierefreien Filiale eben nicht. „Solche Dilettanten“, schimpft auch Millow, doch leider: Die Gemeinde ist da nicht zuständig.

Viele Themen brennen den Weissachern in diesem Jahr auf den Nägeln. Etwa die Ortsmitte Weissach. Ein Foto zeigt Eberhardt dort im Jahr 1992 im Alter von neun Jahren. „Das einzige, das sich seitdem verändert hat, bin ich“, schimpft er. Der Rathauschef verspricht: Noch dieses Jahr wird die Planung der Ortserneuerung festgezurrt.

Auch beim Hochwasserschutz im Strudelbachtal zwischen den Ortsteilen geht es 2025 weiter. „Da gibt’s doch nur zwei Möglichkeiten: Entweder wird Weissach geflutet oder es gibt Flacht mit Seeblick“, heißt es in der Anklage. Oder fängt es so an wie 1961 in Berlin? „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“, sagt der Bürgermeister in bestem Walter-Ulbricht-Ton. Stattdessen gibt es einen grünen Wall.

Jede Menge heiße Eisen werden angefasst, so auch das Thema Wertstoffhof. Neuer Standort am Häckselplatz? „Die ganze Gemeinde macht samstags eine Polonaise durch die Prärie, um die Joghurtbecher loszuwerden“, schimpft Ankläger Ralf Eberhardt. Zum Glück sei die Idee verworfen worden. Doch ein Pop-up-Wertstoffhof bei den Glascontainern? Da ist doch jetzt schon kein Platz für zwei Autos. „Macht das Rathaus sich einen Spaß daraus, die Bürger zu ärgern?“, schimpft er weiter.

Am Ende muss Jens Millow den Schlüssel zum Rathaus abgeben, die Strudelbachhexen übernehmen bis Faschingsdienstag das Kommando. Das wird noch bis spät in den Abend gefeiert, draußen mit den Gugge Gaiße aus Kieselbronn und dem Schalmeienzug der Feuerwehr Leonberg oder drinnen im beheizten Partyzelt mit DJ-Musik. Am nächsten Morgen reibt sich der Rathaus-Besucher verwundert die Augen, nichts weist mehr auf Hexen und Dinos hin. War der „Weissach Park“ etwa nur ein böser Traum? Oder brüten die verrückten Weissacher Wissenschaftler schon am nächsten Plan?