Vier junge Männer müssen sich vor dem Ulmer Landgericht wegen einer Raubserie im Kreis Göppingen verantworten. Das Ganze war wohl zunächst ein Zeitvertreib.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Ulm/Göppingen - Türkischer Raki soll die ganze Nacht über getrunken worden sein. Dann, am 28. Januar dieses Jahres gegen 6 Uhr, kam es zu einem Überfall auf ein Spielcasino in der Göppinger Innenstadt. Die Beute betrug 800 Euro. Wenig später nahm die Polizei vier in Göppingen wohnhafte Verdächtige im Alter zwischen 17 und 20 Jahren fest. Seit Montag müssen sie sich wegen mehrfachen gemeinsamen schweren Raubes vor der Großen Jugendkammer des Landgerichts Ulm verantworten .

 

Drei gestehen, einer wollte nur Zigaretten kaufen

Drei der Angeklagten haben zum Prozessauftakt umfassende Geständnisse abgelegt. Er habe Geld gebraucht, sagte der 17-Jährige, die Idee, eine Spielhalle mit einer Softair-Waffe und einem Pfefferspray zu überfallen, sei spontan entstanden. „Aus Spaß wurde halt echt.“ Was der Jugendliche und zwei mutmaßliche Mittäter noch erzählten, deckte sich mit dem Inhalt der Anklageschrift. Zwei der Männer kundschafteten die Spielhalle aus; als die Luft rein schien, stürmten zwei andere, schwarz maskiert, hinein und zwangen die Aufsichtskraft, die Kassenschubladen zu öffnen. Nur ein vierter Angeklagter, 19 Jahre alt, bestritt, in den Überfallplan eingeweiht gewesen zu sein. Er habe in dem Casino nur Zigaretten kaufen wollen und erst von der Polizei erfahren, was passiert sei. Der Kommentar des 20-jährigen Mitangeklagten dazu: „So blöd kann keiner sein.“

Überfall auf Bäckereiausfahrer

Das Tatmuster passt zu einem Überfall am Weihnachtstag des vergangenen Jahres. Das Opfer war der Fahrer eines Bäckereifahrzeugs in Wangen (Kreis Göppingen), der mit einer Schreckschuss- oder Softair-Waffe bedroht worden war. Er gab schließlich Geldbomben mit 5000 Euro Inhalt heraus. „Ich hab’s gemacht“, gestand wiederum der 17-jährige Angeklagte. Auch der 18-Jährige und der 20-Jährige auf der Ulmer Anklagebank gaben den Überfall zu.

Das Fluchtauto sollen zwei weitere Verdächtige gefahren haben; gegen sie wird getrennt verhandelt. Die drei Angeklagten bestritten jedoch, den Bäckereifahrer mit der Faust geschlagen zu haben, wie dieser angegeben hatte.

Ich belaste dich, du belastest mich

Den Tipp auf die Geldfahrt hätten sie von einem Kumpanen erhalten, dessen Schwester in der Bäckerei gearbeitet habe, so die Angeklagten. Dieser ist vor zwei Wochen vom Amtsgericht Göppingen wegen Einbrüchen und einer Amokdrohung gegen einen Kindergarten zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Er hatte der Polizei aus der Untersuchungshaft heraus offenbar wertvolle Hinweise auf die Taten der Angeklagten gegeben. Sie stellten ihn nun ihrerseits als Anstifter eines weiteren Raubüberfalls auf den Betreiber eines Internet- und Callshops wenige Tage zuvor in Salach dar. Dem Mann war auf der Straße von zwei Maskierten ein Beutel entrissen worden, in dem sich Handys im Wert von 1300 Euro sowie Bargeld und mehrere Prepaid-Karten befunden haben sollen. Der 17-Jährige und der 18-Jährige gaben zu, die Täter gewesen zu sein. Die Handys hätten sie später verkauft. Der Tippgeber habe in einem Auto in der Nähe gewartet und ein Drittel der Beute erhalten.

Die Klage könnte ausgeweitet werden

Immer wieder drängte der Vorsitzende Richter Thomas Keckeisen die Angeklagten, ihre Aussagen zu präzisieren. „Die Tat hört sich hässlich an“, sagte er einmal, oder an anderer Stelle: „Taktische Spielchen halte ich in Ihrem Fall für nicht besonders gescheit.“ Gut möglich, dass sich der Prozess noch ausweitet. Denn vier weitere Raubtaten im Raum Göppingen sind unaufgeklärt.