Mit dem Nichtsraucherschutz im Südwesten ist es nicht weit her. Zwölf Städte nahmen Forscher unter die Lupe. Während in Konstanz rund 80 Prozent der untersuchten Lokalitäten rauchfrei sind, trifft das in der Landeshauptstadt Stuttgart nur für 68 Prozent zu.

Stuttgart/Heidelberg - Trotz Nichtraucherschutzgesetz ist mehr als jede vierte Gaststätte in Baden-Württemberg verqualmt. Eine Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) machte gravierende Unterschiede deutlich: Während 87 Prozent der Restaurants rauchfrei seien, werde in 92 Prozent der Diskotheken noch geraucht, in 84 Prozent der Spielhallen und in 71 Prozent der Kneipen und Bars.

 

Für die Studie wurden zwölf Städte unter die Lupe genommen. Während in Konstanz rund 80 Prozent der untersuchten Lokalitäten rauchfrei sind, trifft das in der Landeshauptstadt Stuttgart nur für 68 Prozent zu - Platz acht auf der "Rauchrangliste".

„Die Gesetze taugen nichts. Sie sind zu kompliziert“, sagte Martina Pötschke-Langer vom DKFZ am Mittwoch in Stuttgart bei der Vorstellung der Studie. Sie forderte schärfere Vorgaben. Die Ausnahmen sollten abgeschafft werden. Für die Studie überprüften die Forscher im Frühjahr 2013 rund 1500 Betriebe in zwölf Städten. Das entspreche rund sechs Prozent der Gastrobetriebe und etwa 15 Prozent der Diskotheken im Südwesten. Die Wissenschaftler sahen sie sich abends in den Gaststätten um und notierten die Ergebnisse.

DKFZ nennt Ergebnisse "erschütternd"

Nicht immer verstoßen verqualmte Gastwirtschaften aber gegen das Gesetz: Zum Teil nutzen sie eine Ausnahmeregelung, richten sich als Raucherkneipe oder mit ihrem Raucherräume aber nach den Vorgaben. Allerdings gilt das nur für vier von zehn Rauchergaststätten. Jede zweite handle gegen das Jugendschutzgesetz. Häufig stehe die Tür zum Raucherraum permanent offen - oder es gebe erst gar keine Tür.

„Das ist das erschütternde Ergebnis, das wir so gar nicht erwartet hatten“, sagte Pötschke-Langer. Selbst wenn die Vorschriften eingehalten würden, leide das Personal unter dem Qualm.

"Keine Ausnahmen mehr"

Die Wissenschaftler forderten die Landregierung auf, so klar durchzugreifen wie Bayern, das Saarland oder Nordrhein-Westfalen. Das erste Gesetz im Südwesten vor 2007 sei deutlich fortschrittlicher gewesen, als die verwässerte Fassung von 2009. „Es sollte überhaupt keine Ausnahmen mehr geben“, betonte DKFZ-Chef Otmar Wiestler. Untersuchungen würden belegen, dass das nicht zu erheblichen Einbußen führe, wie oft befürchtet. Das Bundesverfassungsgericht habe einen Spielraum gelassen. „Was in Bayern machbar ist, ist auch in Baden-Württemberg machbar.“ In München seien 95 Prozent der Gastwirtschaften rauchfrei, in Stuttgart nur 68 Prozent.

Ministerin Katrin Altpeter (SPD) hat derweil eine eigene Untersuchung zum Nichtraucherschutz in Auftrag gegeben. „Immer wieder erreichen uns Informationen aus der Bevölkerung, wonach das Nichtraucherschutzgesetz nicht überall lückenlos durchgeführt wird“, teilte sie mit. Von Juni bis November 2013 würden Erkenntnisse der Kommunen dazu abgefragt. Stichprobenerhebungen wie die des Krebsforschungszentrums lieferten zudem wichtige Erkenntnisse, die ebenfalls in die weiteren Überlegungen einfließen sollten.

Laut Wiestler sterben in Deutschland jährlich rund 110.000 Menschen infolge des Rauchen, mehr als 3000 durch Passivrauchen. Insgesamt werde rund ein Drittel aller Krebserkrankungen in Deutschland durch Rauch mitverursacht. Schon eine Zigarette könne Erbschäden verursachen. „Diese Zahlen verdeutlich sehr eindringlich, dass es einen Handlungsbedarf für den Gesetzgeber gibt.“