Im Frühjahr mussten die Computerbegeisterten aus ihren bisherigen Räumen raus. Das hätte der Verein beinahe nicht überlebt. Am Samstag öffnet er seine Türen im neuen Domizil.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

In so einem schicken Gebäude hätte man den Shackspace nicht erwartet. Der Hackertreff ist im Juli ins Heinrich-Hermann-Areal gezogen: ein hübsch modernisiertes Ensemble in der Wangener Innenstadt, bis 2008 Stammsitz der auf Etikettiermaschinen spezialisierten Firma Herma. Der Vorstandsvorsitzende Rudolf Kraus führt durch einen Besprechungsraum, vorbei am hölzernen Empfangstresen und durch ehemalige Büroräume, in denen sich jetzt Technik stapelt: kreativer Geist im Neunzigerjahre-Bürochic.

 

Noch vor einem halben Jahr sah es ganz anders aus. Die Pandemie hatte dem Treff für Technikbegeisterte zugesetzt. Während sich auch wenig Computerbegabte zunehmend in Videotelefonaten trafen, darbte das Vereinsleben der Digitalnerds. Und dann kündigte im Winter auch noch der Vermieter die bisherigen Räume an der Ulmer Straße. Bei einer Krisensitzung wurde die Auflösung diskutiert – dann aber eine Arbeitsgruppe gebildet, die recht erfolgreich neue Räumlichkeiten suchte. Unterstützung kam zum Beispiel aus dem Chaos Computer Club, dessen Stuttgarter Gruppe ihre Treffen im Shackspace abhält.

Digitale Bastler, analoge Tugenden

Auf so einen Raum wollten die Stuttgarter nicht verzichten. Persönliche Treffen seien das Beste, sagt Rudolf Kraus, ob für gemeinsames Basteln und Fachsimpeln oder weil man zufällig etwas mitbekommt. Die Digitalbastler pflegen ganz analoge Tugenden und gehen auch sonst eher zögernd mit dem digitalen Zeitgeist. Manch einer hat nicht mal ein Smartphone; viele mögen die engen Grenzen nicht, die viele Systeme ihren Nutzern heutzutage setzen. Das erhöht den Komfort, macht aber unfrei – im Shackspace treffen sich dagegen Menschen, die offene Quellcodes lieben und Technik möglichst nach ihren Wünschen nutzen wollen.

Darum drehen sich auch in der neuen Bleibe in Wangen alle Aktivitäten. Hackathons, Repair-Cafés, Projekte zum Internet der Dinge, selbst entwickelte Computerspiele: dafür bietet der Shackspace eine Plattform. Lüfter werden zu Lampen umgebaut, Kryptoexperten helfen beim Verschlüsseln der eigenen E-Mails und eine Gruppe hält PCs aus den 1990er Jahren lauffähig. Öffentliche Fördermittel fließen dafür keine. Der Verein ist stolz, auf eigenen Beinen zu stehen.

Tag der offenen Tür am Samstag

Die Erfahrungen mit dem ähnlichen Ulmer „Verschwörhaus“ zeigen, dass das der richtige Weg sein könnte: Die Einrichtung war jahrelang von der Stadt gefördert worden, doch im Frühsommer ging das Projekt in einem Streit um Namensrechte unter. Den Shackspace gibt es weiterhin – zwar auf 150 statt zuvor 450 Quadratmetern. Aber mit den Aktivitäten ändere sich auch der Raumbedarf, gibt sich Rudolf Kraus optimistisch.

„Du stolperst nicht einfach so in den Shackspace“, sagt Kraus. Meist sind es die Begeisterung für eine bestimmte Technik oder Software und die Suche nach Gleichgesinnten, manchmal auch der Wunsch, etwas zu verstehen oder sich weiterzubilden. Am Samstag können Interessierte aber auch ohne Grund in der Ulmer Straße 300 beim deutschlandweiten „Tag des offenen Hackerspace“ vorbeischauen – so wie abwechselnd mittwochs und donnerstags beim Plenum, zu dem auch Nichtmitglieder willkommen sind.