Die Regierung und das Bundeskriminalamt schlagen Alarm: Die hochgefährliche Modedroge Crystal findet rasend schnell Verbreitung. Sie ist billig zu haben, enthemmt, weckt euphorische Gefühle – die Langzeitfolgen sind fatal.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Der Stoff sieht aus wie harmloser Kandiszucker. Er ist billig zu haben, enthemmt, weckt euphorische Gefühle, verringert das Schlafbedürfnis – aber die Langzeitfolgen sind fatal: Schon die erste Dosis kann süchtig machen. Wer abhängig ist, erleidet einen rasant beschleunigten körperlichen Verfall, Herzrhythmusstörungen, Wahnvorstellungen. Für Rauschgiftfahnder ist die Modedroge Crystal die Sorge Nummer eins. Das teuflische Pulver wird vorwiegend aus Tschechien eingeschmuggelt. In grenznahen Regionen findet es rasend schnell Verbreitung. 2012 hat die Polizei 88 Prozent mehr davon beschlagnahmt als im Jahr davor. Diese Zahlen nannte Jörg Ziercke, der Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Berlin.

 

75 Kilogramm Crystal wurden im vergangenen Jahr bei Razzien sichergestellt. Das reicht für einige Millionen Konsumeinheiten aus. Die Zahl der ertappten Erstkonsumenten nahm binnen Jahresfrist von 1700 auf mehr als 2500 zu. Betroffen sind vor allem die Bundesländer Bayern, Sachsen und Thüringen. Aber auch in Berlin gilt Crystal inzwischen als beliebteste Partydroge nach Amphetaminen und Ecstasy. In Baden-Württemberg ist die Crystal-Welle offenbar noch nicht angekommen. Das Landeskriminalamt registrierte 2011 erst sieben Fälle, bei denen Konsumenten erwischt wurden. Insgesamt wurden im Südwesten nur 300 Gramm des Pulvers sichergestellt. An der tschechischen Grenze wird der Stoff häufig über Asia-Märkte verkauft. Laut Ziercke beherrschen Kleindealer die Szene, noch gebe es hier keine mafiösen Strukturen, sagt der BKA-Präsident.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, präsentiert abgesehen von Crystal eine eher positive Bilanz: 2012 gab es so wenig Drogentote wie seit 25 Jahren nicht mehr, insgesamt 944. Vier Fünftel davon sind Männer. Der Konsum harter Drogen ist rückläufig. Das gilt auch für Haschisch. Bei Marihuana steigt jedoch sowohl die Zahl der ertappten Konsumenten als auch die Menge an beschlagnahmtem Stoff. Die Polizei hat 2012 bundesweit 809 Cannabis-Plantagen ausgehoben (17 Prozent mehr als im Vorjahr).