Die EU-Kommission verdächtigt mehrere Telekom-Riesen illegaler Absprachen bei Internet-Zugängen. Offenbar geht es um die Durchleitung des Datenverkehrs durch die großen Backbone-Netze. Die Behörde ließ Büros in drei Ländern durchsuchen.

Brüssel/Bonn - Die Deutsche Telekom ist zusammen mit mehreren Konkurrenten ins Visier europäischer Wettbewerbshüter geraten. Die EU-Kommission ließ Büros in Deutschland, Frankreich und Spanien durchsuchen. Es gehe um den Verdacht, dass Anbieter von Internet-Zugängen gegen EU-Recht verstoßen haben, teilte die Brüsseler Behörde mit. Nach Informationen aus Branchenkreisen geht es um mögliches Fehlverhalten beim Zusammenschalten der sogenannten Backbone-Netze, über die der Internet-Verkehr fließt.

 

Die EU-Kommission nannte wie immer in solchen Fällen keine Firmennamen. Allerdings bestätigten neben der Deutschen Telekom auch die France-Télécom-Tochter Orange und der Spanische Branchenriese Telefónica den unangekündigten Besuch der Ermittler.

Inspektion dauert noch an

Die Deutsche Telekom zeigte sich „sehr verwundert“ über das Vorgehen der Kommission. „Bisherige Vorwürfe haben sich als haltlos herausgestellt. Deshalb wurden entsprechende Verfahren vor nationalen Regulierungsbehörden, die sich intensiv mit dem Sachverhalt auseinandergesetzt haben, eingestellt“, betonte ein Sprecher. Die Telekom sei im weltweiten Markt für Internetverkehr intensivem Wettbewerb ausgesetzt. „Dieser Markt wird von US-Großanbietern dominiert, insofern sind wir hier der falsche Adressat.“ Die Telekom arbeite eng mit den Behörden zusammen, um den Sachverhalt aufzuklären.

Auch Orange äußerte sich zuversichtlich über den Ausgang der Untersuchungen, unter anderem weil die französische Wettbewerbsbehörde bei einer früheren Untersuchung zu einer Auseinandersetzung mit dem US-Netzbetreiber Cogent kein Fehlverhalten der France-Télécom-Tochter festgestellt habe. Cogent, über dessen Leitungen unter anderem Videos der Google-Tochter YouTube laufen, hatte den Franzosen eine Drosselung von Daten aus seinem Netz vorgeworfen.

Der Kommission zufolge fand die Razzia am Dienstag statt, laut Orange dauert die Inspektion noch an und könnte sich über mehrere Tage hinziehen. Der niederländische Konzern KPN und das britische Schwergewicht BT teilten mit, sie seien nicht betroffen gewesen.

Durchsuchung ist erster Schritt

Der EU-Kommission zufolge sind die Durchsuchungen ein erster Schritt und sagen noch nichts über tatsächliche Vergehen aus. Eine Frist für den Abschluss der Untersuchung gebe es nicht. Preis- und Marktabsprachen sind in der EU streng verboten. Es drohen Strafen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes. Die Kommission verwies ausdrücklich auf die Bedeutung des Marktes. Der Service von Internetanbietern sei äußerst wichtig, damit Verbraucher schnell und günstig im Internet surfen könnten - unabhängig vom Standort des Providers, hieß es.

Die Durchsuchungen sind eine überraschende Wendung im Tauziehen zwischen der Kommission und der Branche um die künftige Gestaltung des europäischen Telekom-Marktes. Die Unternehmen fordern schon länger einen Beitrag der Internet-Unternehmen zu ihren Kosten sowie eine großzügigere Regulierung mit mehr Freiheiten für Fusionen in einzelnen Ländern. Sie verweisen dabei auf stete Umsatzrückgänge, hohe Investitionen in die Infrastruktur und die Auslastung der Netze durch die Internet-Dienste. Die Kommission zeigte sich bisher eher bereit, ein Zusammenrücken auf europäischer Ebene zu unterstützen und treibt zugleich den Kampf gegen die Roaming-Gebühren bei Telefonaten im europäischen Ausland voran.