Die Ermittlungen gegen eine Schleuserbande mit Scheinehen inklusive ziehen immer größere Kreise. Nun hat es schon die zweite Großrazzia gegeben.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Ingwer ist eine Heilpflanze, die gut gegen Reiseübelkeit wirkt und einen weit verzweigten Wurzelstock hat. Ingwer ist aber auch der Name einer Ermittlungsgruppe der Stuttgarter Kripo, die sich mit üblen kriminellen Reisen einer indisch-pakistanischen Schleuserbande mit einem weit verzweigten Netzwerk in Deutschland und Griechenland beschäftigt. Die Fahnder veranlassten am Dienstag eine Großrazzia mit 280 Beamten – und wieder gingen zahlreiche Verdächtige ins Netz.

 

Es ist schon die zweite Razzia gegen eine Schleusergruppierung, die offenbar ein Millionengeschäft macht: Indischen und pakistanischen Männer ohne Aussicht auf Asyl und Arbeitserlaubnis in Deutschland wird für etwa 25 000 Euro eine Scheinehe mit einer griechischen Frau vermittelt – und mit der Heiratsurkunde können die Männer aus Südasien bei den Behörden eine EU-Aufenthaltskarte ergattern. Die Masche fiel im Einwohneramt in Stuttgart auf, weil plötzlich zahlreiche griechische Frauen mit indischen Ehemännern gemeldet waren – ohne sich in Stuttgart aufzuhalten. Ende Mai musste ein 54-jähriger Stuttgarter indischer Herkunft als Heiratsvermittler in Untersuchungshaft – und mit ihm sieben Verdächtige.

Und die Kreise werden immer größer

„Die Ermittlungen haben dann immer größere Kreise gezogen“, sagt Polizeisprecher Tobias Tomaszewski. Am Dienstag um 6 Uhr schlug die Polizei wieder zu – unter anderem in neun Wohnungen in Stuttgart. Insgesamt aber in 37 Wohn- und Geschäftsobjekten in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Ein Griff ins Wespennest. Allein hier gingen weitere 50 Personen ins Netz, die einer Scheinehe verdächtigt werden.

Als die Polizei am Dienstag zuschlug, hatten die Ermittler bereits 21 falsche indische Ehemänner im Visier. Bei der Aktion im Mai hatte es 39 Verdachtsfälle gegeben. „Die Ermittlungen richten sich gegen einen Schleuserring von 15 indischen, pakistanischen und griechischen Beschuldigten“, sagt Polizeisprecher Tomaszewski. Ihnen wird gewerbs- und bandenmäßige Urkundenfälschung und Beihilfe zum Verstoß gegen das Freizügigkeitsgesetz vorgeworfen.

Ein 38-Jähriger landet hinter Gittern

Wer auf welcher Hierarchieebene agiert hat, ist schwer herauszufinden. „Das sind sehr komplizierte Strukturen“, sagt Tomaszewski. Entsprechend viele Polizeipräsidien aus Baden-Württemberg sind bei der Großrazzia beteiligt gewesen: Ludwigsburg, Reutlingen, Aalen, Heilbronn, Karlsruhe, Konstanz, Offenburg, Tuttlingen. Wohl zur mittleren Führungsebene wird ein 38-Jähriger pakistanischer Herkunft gezählt. Der Verdächtige wurde am Dienstag in Mühlacker im Enzkreis dingfest gemacht. Ein Richter soll am Mittwoch den Haftbefehl in Vollzug setzen.

Warum sich griechische Frauen für solche zweifelhafte Ehen zur Verfügung stellen, ist unklar. Bei dieser Masche reisen sie für einen oder zwei Tage an, bringen eine gefälschte Heiratsurkunde mit und fliegen nach den Formalitäten wieder nach Hause – ohne je eine echte Ehe eingegangen zu sein.

Ein Drahtzieher wird international gesucht

In Griechenland soll sich auch ein 57-jähriger Inder aufhalten, der als einer der Drahtzieher gilt und der mit internationalem Haftbefehl gesucht wird. Mit der Rekrutierung der falschen Ehefrauen sollen nach Erkenntnissen der Ermittler auch eine 46-jährige Griechin sowie eine Landsmännin unbekannten Alters beschäftigt gewesen sein. Ob die Staatsanwalt gegen sie einen internationalen Haftbefehl beantragt, wird noch geprüft.