Die Polizei deckt ein illegales Bankensystem auf, mit dem Schwarzgeld in Millionenhöhe ins Ausland verschoben worden sein soll. Hawala heißt diese traditionelle Überweisungsmethode, und sie kann in Stuttgart auch ganz legal genutzt werden.

Düsseldorf - Die Polizei, die Steuerfahndung und die Justiz sind am Dienstag in Baden-Württemberg und vier weiteren Bundesländern mit einer Großrazzia gegen illegale Millionentransfers vorgegangen. 27 Beschuldigte im Alter von 23 bis 61 Jahren sollen Bargeld in Höhe von 200 Millionen Euro aus Deutschland ins Ausland transferiert haben. Der Schwerpunkt der Razzia lag im Großraum Duisburg, wo Metallfirmen, Juweliere und Wohnungen durchsucht wurden.

 

Mittelsmänner agieren auf Vertrauensbasis

Die Verdächtigen sollen für ihre Transaktionen das sogenannte Hawala-Banksystem verwendet haben. Dabei wird Bargeld an einer Annahmestelle in Deutschland eingezahlt und in einem anderen Land wieder ausgezahlt. Die Mittelsmänner agieren dabei auf Vertrauensbasis und kassieren eine geringe Gebühr. Finanziell ausgeglichen wird die Transaktion durch Geldtransfers für andere Kunden – auch über weitere Filialen in anderen Ländern – oder durch Warenlieferungen.

Auf diesem Wege sei „mutmaßlich illegal erworbenes Vermögen in Höhe von mehreren Millionen Euro am legalen Bankensystem vorbei in andere Staaten transferiert“ worden, teilte das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt (LKA) mit. Laut „Süddeutscher Zeitung“, WDR und NDR, die zuerst berichtet hatten, sei das Geld vor allem in die Türkei geflossen. Gegen sechs Beschuldigte lägen Haftbefehle vor, die teils mit Spezialeinsatzkräften vollstreckt worden seien. Die Durchsuchungsaktion mit 850 Beamten habe sich gegen „illegale Finanzstrukturen“ gerichtet und der „Sicherung illegal erlangter Vermögenswerte“ gedient. Die neu eingerichtete „Task-Force NRW“ habe 62 Durchsuchungsbeschlüsse in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Hamburg, Berlin und Baden-Württemberg erwirkt.

In Bad Cannstatt läuft alles „ganz legal“

Hawala ist ein traditionelles Überweisungssystem vor allem in der muslimischen Welt. In Deutschland ist es nicht grundsätzlich verboten, sofern eine Lizenz zu Finanztransfergeschäften vorliegt. Laut der Bafin gibt es in Deutschland zehn Unternehmen, die ausschließlich solche Transfers abwickeln. Hinzu kommen weitere Institute, deren Lizenzen aus anderen EU-Ländern stammen. Grundsätzlich habe aber auch jede Bank oder Sparkasse die Zulassung fürs Transfergeschäft. Allerdings überweisen sie in der Regel von Konto zu Konto.

Für Flüchtlinge ist Hawala oft die einfachste Möglichkeit, um Geld an Verwandte in der Heimat zu schicken, die kein Konto besitzen. Auch in Stuttgart gibt es Filialen solcher Transaktionsfirmen. Weltweit sei das Geld innerhalb von zehn Minuten da, sagte ein Mitarbeiter von Kaah-Express in Bad Cannstatt. Der Einzahler müsse aber Dokumente vorlegen. „Bei uns läuft alles legal.“