Der VfB Stuttgart muss im Spiel bei RB Leipzig in den ersten 20 Minuten auf die stimmgewaltige Unterstützung seiner Anhängerschaft verzichten. Sie beteiligen sich an einem bundesweiten Aktionsspieltag.

Sport: Philipp Maisel (pma)

Stuttgart - Tayfun Korkut ist sicher: „Die, die uns begleiten werden noch lauter sein als sonst.“ Die rund 1700 Fans des VfB Stuttgart, die am Mittwoch nach Leipzig reisen, zählt der Trainer des Bundesligisten schließlich zum „harten Kern“. Doch die lautstarke Unterstützung wird höchstwahrscheinlich auf sich warten lassen.

 

Die 477 Kilometer einfach nehmen die Anhänger der Weiß-Roten zwar in Kauf, der VfB kann sich auf seine Fans verlassen – doch sind es gerade solche späten Spielansetzungen unter der Woche, die den Anhängern schon lange ein Dorn im Auge sind. Auch deshalb werden sie nicht müde, ihre Meinung kund zu tun und teils mit Spruchbändern, teils lautstark gegen derlei Ansetzungen von Liga und Verband zu protestieren. Weitere Kritikpunkte – die fortschreitende Kommerzialisierung des Fußballs steht dabei im Mittelpunkt – kommen hinzu, welche die Ultras vom Commando Cannstatt in fünf Positionspapieren aufgearbeitet und mit Forderungen verknüpft haben. Als Teil einer bundesweiten Bewegung.

VfB-Ultras beteiligen sich am ligaweiten Stimmungsboykott

Getreu dem Motto „Getrennt in den Farben, vereint in der Sache“ haben sich die organisierten Fanszenen im Lande nach den gescheiterten Gesprächen mit dem Verband im Laufe des Jahres dazu entschlossen, ab dem fünften Bundesliga-Spieltag einen Stimmungsboykott in den Stadien durchzuführen und auf organisierten Support in den ersten 20 Spielminuten komplett zu verzichten. „Wir sind keine duldsame Kulisse für das Big Business Bundesliga, sondern Fans mit legitimen Interessen“, erklären die Ultras vom Commando Cannstatt dazu in einem beim Heimspiel gegen Düsseldorf verteilten Flugblatt. Erst in der 21. Spielminute werden in Leipzig und in anderen Stadien dann die vertrauten Klänge und Gesänge aus den Kurven ertönen.

Der VfB hält sich mit einer Bewertung der geplanten Aktion zurück und teilt auf Nachfrage mit: „Der VfB Stuttgart befindet sich im regelmäßigen Austausch mit den Fans und den Fangruppen. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass die Kommunikation zu den entsprechenden Themenfeldern nicht öffentlich stattfindet, sondern in den entsprechenden internen Gesprächsrunden.“

Interessen der Fans sollen wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt werden

Sig Zelt, Sprecher der Interessenvertretung „Pro Fans“, erklärte den „bundesweiten Aktionsspieltag“ gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: „Wir haben in einem Jahr Dialog gesehen, dass nicht viel dabei herauskommt“ und nahm damit Bezug auf die im Jahresverlauf gescheiterten Gespräche mit dem Verband, weswegen die organisierten Gruppen in Deutschland die Proteste nun wieder intensivieren.

Man müsse „die Interessen der Fans in den Mittelpunkt“ rücken „und nicht die Interessen von Investoren oder Stakeholdern“, so die zentrale Forderung der Fans. „Wir werden unseren Protest in die Stadien tragen und zeigen, dass die große Masse an Fans nicht damit einverstanden ist, was einige wenige Funktionäre mit unserem geliebten Fußball veranstalten“, heißt es dazu weiter beim Commando Cannstatt.

Für den deutschen Fußball-Bund (DFB) kommt die konzertierte Aktion in den Profiligen zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Schließlich vergibt die Uefa an diesem Donnerstag die Europameisterschaft 2024, entweder an Deutschland oder die Türkei. Bereits am vergangenen Wochenende hatten viele Fangruppen mit kritischen Spruchbändern auf die Bewerbung Bezug genommen.