In Amerika versteht man die Aufregung in Europa nicht. Auch andere Regierungen spionierten, heißt es. Der US-Präsident Barack Obama ist im Spionagestreit mit den europäischen Verbündeten um Entspannung bemüht.

Washington - US-Präsident Barack Obama ist im Spionagestreit mit den europäischen Verbündeten um Entspannung bemüht. Die USA würden den Europäern alle gewünschten Informationen zur Verfügung stellen, sagte er am Montag vor Journalisten in Tansania. Der Bericht des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ über mutmaßliche US-Spionage gegen Europa werde geprüft. Alle Geheimdienste in der Welt – auch die der EU – sammelten Informationen jenseits von Medienberichten, fügte der US-Präsident hinzu. Schon zu Beginn der Datenaffäre vor einigen Wochen hatte Obama erklärt, er wünsche sich eine öffentliche Debatte über das Spannungsfeld zwischen Sicherheitsinteressen und dem Schutz der Privatsphäre. Noch auskunftsfreudiger als Obama zeigte sich gestern US-Außenminister John Kerry. Er versuchte, die Dramatik aus der Affäre zu nehmen.

 

Am Rande eines internationalen Treffens im Sultanat Brunei in Südostasien sagte Kerry, jedes Land, dass sich mit Fragen der nationalen Sicherheit befasse, „unternimmt jede Menge Aktivitäten“. Dazu gehöre das Sammeln von allen möglichen Informationen: „Ich kann nur sagen: Das ist für viele Nationen nichts Ungewöhnliches.“ Detaillierter wollte sich der US-Außenminister jedoch nicht äußern, sagte aber auch eine Prüfung der Vorwürfe zu. Ob die europäische Öffentlichkeit jemals vom Ergebnis der Prüfung erfahren wird, ist unklar. James Clapper, der oberste Chef der US-Geheimdienste, versprach zwar Aufklärung, sagte jedoch: „Die US-Regierung wird der Europäischen Union angemessen über unsere diplomatischen Kanäle antworten.“ Das wurde als Hinweis gewertet, dass allenfalls die Regierungen in Europa über Hintergründe und Ausmaß des Abhörskandals informiert werden.

Die USA wollen nur über diplomatische Kanäle informieren

In der US-Geheimdienstgemeinde wurde der Protest aus Europa mit Verwunderung aufgenommen. Michael Hayden, ein früherer Direktor des Geheimdienstes NSA, sagte dem TV-Sender CBS: „Erstens: Die USA betreiben Spionage.“ Zweitens sei der vierte Zusatz zur US-Verfassung, der die Privatsphäre der amerikanischen Staatsbürger schütze, kein internationaler Vertrag. Drittens sollten sich jene Europäer, die mit dem ausgestreckten Finger auf Washington zeigten, erst fragen, was ihre eigenen Regierungen so trieben.