Fehlt an den Schulen wegen der vielen Religionsstunden die Zeit für Demokratiebildung? Dieser Ansicht ist der Landesschülerbeirat. Doch die Kirchen sehen es ganz anders.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Die großen Kirchen in Baden-Württemberg haben sich in einer gemeinsamen Stellungnahme gegen eine Kürzung des Religionsunterrichts an baden-württembergischen Schulen ausgesprochen. Das Fach sei für eine allgemeine Bildung unabdingbar, sagten Vertreter der evangelischen und katholischen Kirchen in Baden und Württemberg. Zuvor hatte der Landesschülerbeirat (LSBR) eine Streichung von Religionsstunden angeregt. Auf diese Weise solle mehr Zeit für gesellschaftswissenschaftliche Fächer und den Ethikunterricht geschaffen werden.

 

Die Bildungsverantwortlichen der vier Kirchen im Land weisen dies zurück. Gerade die Bildungspläne für den Religionsunterricht sähen neben den Fragen nach Gott explizit auch die Beschäftigung mit moralischer und ethischer Bildung vor. „Diese Inhalte sind angesichts der Coronakrise, der Klimakrise und des Krieges, den Russland gegen die Ukraine führt, von höchster Aktualität“, heißt es in der Stellungnahme der vier Kirchen. Den Gegensatz zwischen „politischer, moralischer und ethischer Bildung“ auf der einen Seite und dem Religionsunterricht auf der anderen gebe es schlicht nicht.

Religion stärkt die Demokratie

Der Religionsunterricht, so die kirchlichen Bildungsverantwortlichen, biete die Chance zu reflektieren, was Menschen in ihrem Leben und darüber hinaus Sinn und Hoffnung gebe und mit welchen Ressourcen sie auch in schwierigen Zeiten bestehen könnten. Der Religionsunterricht enthalte alle Leitperspektiven und lasse sich inhaltlich mit anderen Fächern vernetzen. Das gelte auch für die Stärkung der Demokratiefähigkeit.

Zuvor hatte auch der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) den Religionsunterricht verteidigt. „Wir sehen überall in der Welt, dass Werte rutschen, grundlegende Werte des Zusammenlebens und der Demokratie. Da ranzugehen halte ich für wenig durchdacht“, sagte der Grünen-Politiker.

Der LSBR ist ein seit 1994 offiziell anerkanntes Beratungsgremium des Kultusministeriums und vertritt die Interessen der 1,5 Millionen Schülerinnen und Schüler im Land. Er ist durch Wahlen legitimiert.