Der Tod des früheren Trumpf-Chefs Berthold Leibinger hat bei Vertretern von Politik und Wirtschaft große Betroffenheit ausgelöst. Warum sie seine Verdienste weit über das Unternehmen und die Region hinaus würdigen.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Stuttgart - Als eine der prägenden mittelständischen Unternehmerpersönlichkeiten nicht nur Baden-Württembergs, sondern ganz Deutschlands, charakterisierte Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut den Unternehmer Berthold Leibinger. „Er verkörperte alle Tugenden, die unser Land in der Nachkriegszeit wieder zu wirtschaftlicher Stärke und internationalem Ansehen führten“, sagte sie. Für die Landesregierung sei er bis zuletzt ein zentrale Ansprechpartner und oft freundschaftlicher Berater gewesen. „Von der Technik kommend, verband er Erfindergeist mit unternehmerischer Tatkraft und gelebter sozialer Verantwortung“, sagte die Wirtschaftsministerin. „Mit seinem vielfältigen sozialen und kulturellen Engagement hat er zudem Verantwortung für die Gesellschaft als Ganzes übernommen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und nannte ihn einen visionären Unternehmer. Und er habe immer wieder öffentlich klare Kante gezeigt, auch über unternehmerische Fragen hinaus.

 

Leibinger war am Dienstag im Alter von 87 Jahren gestorben. Er hatte einst als Lehrling bei Trumpf angefangen und es schließlich bis zum Firmenchef und Eigentümer gebracht und die Ditzinger Firma mit bahnbrechenden Entwicklungen in der Lasertechnik zu einem weltweit führenden Unternehmen gemacht. Auch der Branchenverband VDMA, dessen Präsident er drei Jahre lang war – in seine Amtszeit fiel die deutsche Wiedervereinigung – würdigte Leibingers Verdienste für die ganze Branche, insbesondere auch für die ostdeutsche Maschinenbauindustrie. Der Maschinenbau in Deutschland habe mit Leibinger nicht nur einen herausragenden Unternehmer mit Vorbildcharakter verloren. Der gebürtige Stuttgarter bahnte der Branche auch den Weg nach Asien. „Technische Spitzenpositionen können nur verteidigt werden, wenn man sich mit anderen technologisch führenden Ländern im Wettbewerb auseinandersetzt“, zitiert der VDMA Leibingers Credo.

Eine der bedeutendsten Unternehmerpersönlichkeiten Deutschlands

Auch die IHK Region Stuttgart trauert um ihren einstigen Präsidenten (von 1985 bis 1990) und Ehrenpräsidenten, der Maßstäbe setzte. „Professor Leibinger gehörte zu den bedeutendsten Unternehmerpersönlichkeiten Deutschlands. Seine Verdienste um die Wirtschaft, auch über die Grenzen der Region Stuttgart hinaus, sind herausragend“, sagt IHK-Präsidentin Marjoke Breuning. Sein ehrenamtliches Engagement als IHK-Präsident sei geprägt gewesen von Souveränität, Beharrlichkeit und Uneigennützigkeit. Die Kammer habe vor allem von seiner unternehmerischen Erfahrung und seiner Aufgeschlossenheit für Wandel in Gesellschaft und Wirtschaft profitiert. „Wir trauern um einen Realisten, der die sozialen Belange nie aus den Augen verloren hat“, sagte Albrecht Kruse, Präsident der IHK-Bezirkskammer Ludwigsburg und Mitglied des Präsidiums der IHK Region Stuttgart.

Parteiübergreifend würdigten mehrere Politiker Leibingers Verdienste. Michael Theurer etwa, Landesvorsitzender der FDP Baden-Württemberg und stellvertretender Fraktionsvorsitzende der FDP Bundestagsfraktion, nannte ihn einen „Pionier des Mittelstandes. Er verband die Bewahrung des Bewährten mit der Offenheit für Neues. Berthold Leibinger verkörperte Freiheit und Verantwortung. Dabei sprach er nicht nur über soziale Verantwortung, er lebte sie“, so Theurer. Der CDU-Landesvorsitzende und stellvertretende Ministerpräsident Thomas Strobl sagte: „Wir verlieren mit Berthold Leibinger einen verdienten Baden-Württemberger.“ Landesbischof Frank Otfried July würdigte vor allem Leibingers vielseitiges Engagement, auch in kirchlichen Stiftungen und Initiativen. „Seine Erfolge wollte er mit anderen teilen“, so July.

Ein guter Freund und Weggefährte

Auch Prominente aus der Wirtschaft wie der Ehrenvorsitzende des Motorsägenhersteller Stihl, Hans Peter Stihl, trauern. „Wir verlieren einen großen Unternehmer und ich ganz persönlich einen guten Freund und Weggefährten.“ Stihl nannte Leibinger einen klugen Erfinder und verantwortungsvollen Unternehmer, der sich mit seinem ehrenamtlichen Engagement für die Region Stuttgart und die gesamte deutsche Wirtschaft große Verdienste erworben habe. Bosch-Aufsichtsratschef Franz Fehrenbach sagte: „In Berthold Leibinger trafen sich in einer viel zu seltenen Fügung technische und unternehmerische Kreativität.“ Und Jürgen Hambrecht, der Aufsichtsratsvorsitzende von Trumpf, sagte über Leibinger: „Sein Wirken war immer auf das Wohl der Menschen ausgerichtet. Er war ein großes Vorbild für uns alle.“

Auch in der Region löste Leibingers Tod Trauer und Betroffenheit aus. Der Ditzinger Oberbürgermeister, Michael Makurath (parteilos), nannte ihn „eine Persönlichkeit, die durch den Aufbau ihres Unternehmens unsere Stadt in vielfacher Hinsicht mit geprägt hat“. Der Ludwigsburger Landrat Rainer Haas sagte, Leibingers Tod sei ein großer Verlust für den Kreis. Leibinger sei ein prägnanter Kopf und wertvoller sowie konstruktiver Gesprächspartner gewesen.