Der Leiter des CAR-Center der Universität Duisburg-Essen, Ferdinand Dudenhöffer, glaubt nicht daran, dass das Diesel-Paket Fahrverbote in Städten wie Stuttgart verhindern wird.

Stuttgart - Der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer bezeichnet das neue Dieselkonzept der Bundesregierung als eine „dünne“ Lösung. „Ein bisschen Steuergeld, ein bisschen Umweltprämien, ein bisschen Nachrüstung . . . von allem ein bisschen“, sagte der Leiter des CAR-Center der Universität Duisburg-Essen auf Anfrage unserer Zeitung. Mit Ausnahme von VW werde man die Autobauer nicht für die Abgaswerte verantwortlich machen können. Da man schlechte Gesetzte gemacht habe, fehle die Rechtsgrundlage, etwa Ford, Opel, BMW, Renault, Peugeot zu Nachrüstungen oder Zahlungen zwingen zu können. „Also bleibt es ein bisschen von allem, und das bedeutet, dass wir eher mit längeren Fahrverboten bis nach dem Jahr 2020 rechnen können“, so Dudenhöffer weiter. Der Hauptgrund für diese Situation sei Politikversagen: „Schlechte Gesetze und Verordnungen, Untätigkeit über acht Jahre bei den Abmahnungen der EU-Kommission über schlechte Stadtluft, langes Zögern und Uneinigkeit über die Maßnahmen in den letzten drei Jahren, keine Vorkehrungen um das drohende Verkehrschaos in Städten wie Frankfurt zu vermeiden“, erklärte der Branchenexperte.

 

Experte erwartet keine Welle von Neuwagenkäufen

Dudenhöffer ist außerdem skeptisch, ob die nun angekündigten Umtauschprämien zu einer neuerlichen Welle von Neukäufen führen werden: „Insgesamt halten wir den Effekt der Umtauschprämien für überschaubar, denn heute sind schon jede Menge Rabatte im Markt, und mehr als 200 000 alte Diesel wurden mit der letzten großen Umtauschaktion auch nicht abgefischt“, erklärte der Leiter des CAR-Center. Nach seiner Einschätzung sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein Teil der heutigen Rabatte mit den Umweltprämien „verrechnet“ werden könnten. Bereits nach dem Dieselgipfel von Bund und Autobranche 2017 hatten die deutschen Hersteller Prämien von bis zu 10 000 Euro aufgelegt, die bis Juli dieses Jahres von gut 200 000 Kunden in Anspruch genommen wurden.

Wirtschaftsministerin freut sich für Handwerker

Im baden-württembergische Wirtschaftsministerium geht man nach den Beschlüssen aus Berlin dagegen davon aus, dass es „insbesondere in Stuttgart und der Region möglich werde, Fahrverbote für Euro-5-Fahrzeuge zu verhindern“, heißt es. „Es ist gut, dass jetzt die notwendigen zulassungsrechtlichen und finanziellen Voraussetzungen für Nachrüstungen und Flottenerneuerung auf Bundesebene erreicht wurden, um schnell Rechtssicherheit für alle Beteiligten – die Verbraucher und betroffenen Wirtschaftszweige, die Hersteller und die Kommunen – zu schaffen“, erklärte Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU). Sie sei der Überzeugung, dass der weitere Prozess der Nachrüstung ohne die Fahrzeughersteller jedoch nicht realisierbar sei. Verbraucher dürften nicht allein auf den Kosten sitzen bleiben. Deshalb sei es richtig, dass sich die Bundesregierung nun mit der Automobilindustrie auf eine pragmatische Lösung für die Nachrüstung verständigen möchte.

ADAC erwartet Reaktion der Hersteller

Auch der ADAC sieht jetzt die Autobauer in der Pflicht: „Der Ball liegt nun ganz klar im Feld der Industrie – die Hersteller müssen jetzt liefern“, sagte ADAC-Vizepräsident für Verkehr, Ulrich Klaus Becker.