Angela Merkel und Horst Seehofer zanken auf der politischen Weltbühne. In den sozialen Netzwerken bleibt das nicht unkommentiert. Die SPD-Landeschefin Leni Breymaier spricht gar von einem drohenden „Weißwurstbrexit“.

Berlin - In Berlin herrscht Rätselraten, wie es nach der vergangenen Nacht nun weitergeht. In einer Krisensitzung hatte Horst Seehofer am Sonntagabend erklärt, dass er zurücktreten wolle – als Bundesinnenminister und als Parteivorsitzender der CSU. Ein Paukenschlag, der seine Wirkung nicht verfehlt.

 

Nachdem Seehofer sich mit der engsten Parteiführung beraten hatte, zog er den Rücktritt wieder zurück – vorerst. Er wolle seine Entscheiden von der Kompromissbereitschaft der CDU abhängig machen. Am Montagnachmittag um 17 Uhr ist ein Treffen anberaumt.

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Offenbar schwer, Seehofer noch ernst zu nehmen

Der Streit um die Asylpolitik ist auch ein großes Thema in den sozialen Netzwerken. Offenkundig fällt es manchen Menschen schwer, Horst Seehofer nach der Rücktrittsshow noch ernst zu nehmen. Vor allem von den anderen Parteien wird das Machtspiel zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer kritisch kommentiert.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter fordert den CSU-Vorsitzenden und Bundesinnenminister auf, seinen angebotenen Rücktritt nun auch zu vollziehen. „Wer so fahrlässig und egoistisch mit seiner Verantwortung fürs Land umgeht, kann sein Ministeramt nicht mehr verantwortungsvoll ausüben“, schrieb Hofreiter auf Facebook.

„Absurdes Theater“, das ein ganzes Land lähmt:

Machtspiel lähmt Bundesregierung

Auch in der SPD ist man verärgert über das Machtspiel des CSU-Parteichefs. „Seehofer macht die deutsche Bundesregierung handlungsunfähig“, schreibt Ex-SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel auf Twitter.

„Er nimmt damit ganz Deutschland und Europa in Geiselhaft. Das alles schadet der Demokratie in unserem Land in bislang nie da gewesener Weise“, so Gabriel. Die CSU führe Politik als reines Ränkespiel und Machtspiel vor. „Wer so handelt, verspielt jedwedes Vertrauen der Bürger in unser politisches System“, warnt er.

Der Streit zwischen Seehofer und der Kanzlerin hatte sich an einem „Masterplan Migration“ des Innenministers entzündet. Dieser sieht unter anderem vor, dass ein Teil der Ausländer, die an Deutschlands Grenzen Asyl begehren, in Zukunft abgewiesen wird. Dabei geht es um Menschen, die in anderen EU-Staaten bereits registriert wurden.

Die Opposition im Bundestag wirft der CSU vor, sie schiele mit dem Seehofer-Plan vor allem auf Wähler, die ihr die Anti-Asyl-Partei AfD bei der bayerischen Landtagswahl im Oktober abspenstig machen könnte.

SPD-Landeschefin: „Seehofer droht mit Weißwurstbrexit“

Leni Breymaier, Landesvorsitzende der SPD in Baden-Württemberg, warf der bayerischen CSU einen Egotrip zulasten Deutschlands vor.

Dem SWR gegenüber wurde sie deutlich: „Was Herr Seehofer zusammen mit Herrn Söder in den letzten Wochen getan hat, war, mit einem Weißwurstbrexit zu drohen und die nationalen Interessen da völlig außer Acht zu lassen, alleine wegen der Landtagswahlen in Bayern.“ Sie halte das für schwierig. Wohl milde ausgedrückt.

Der Koalitionspartner sieht sich im Fall der Fälle auch für eine baldige Neuwahl gerüstet. „Man muss sich immer auf alles vorbereiten“, sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner.

„Angesichts der Herausforderungen in Europa ist eine stabile deutsche Regierungspolitik dringend erforderlich“, schreibt er auf Twitter.

Die SPD stützt Merkels Linie, wonach es keine nationalen Alleingänge an den Grenzen geben dürfe - Zurückweisungen von Flüchtlingen sollen nur im Einklang mit den betroffenen Ländern vereinbart werden, damit die Menschen ein geordnetes Verfahren bekommen und sie nicht zurückgewiesen werden, ohne dass klar ist, wo sie dann hinkönnen.

AfD hält Rücktritt für inszeniert

Die AfD hält das Rücktrittsangebot von Seehofer für ein rein taktisches Manöver. „Das Hin und Her und der Rücktritt vom Rücktritt des Innenministers wurde nur inszeniert, weil die CSU Angst vor der einen, ohnehin sehr kleinen, Courage hat“, sagte die Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Alice Weidel.

Auf Twitter schreibt sie, die AfD sei die einzige Kraft, „die das Ruder im Asyl-Chaos herumreißen kann“.

Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping hat sich schon vor Seehofers Erklärung eine klare Meinung gebildet. Aus ihrer Sicht geht der Streit am eigentlichen Thema vorbei:

Und was sagt die CDU zu dem Rücktritt, der nun doch (vorerst) kein Rücktritt ist? Die gibt sich am Montagmorgen versöhnlich. Die Parteimitglieder wünschten sich „eine Einigung auf ein gemeinsames Vorgehen“, heißt es. Man sehe nach wie vor Spielraum für eine Verhandlungslösung im verfahrenen Streit mit der CSU.