Stuttgarter Krankenhäuser nehmen den tragischen Vorfall in der Klinik am Eichert sehr ernst. Sie wollen diesen analysieren und gegebenenfalls Schlüsse für das eigene Haus daraus ziehen.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - In den Stuttgarter Krankenhäusern verfolgt man den Vorgang im Göppinger Klinikum am Eichert mit großem Interesse. Man spricht von einem tragischen Fall. Alle Häuser nehmen das Thema Patientensicherheit bei der Medikamentengabe sehr ernst. Einige wollen ihre Abläufe nach dem jüngste Fall nochmals überprüfen. Aber einig ist man sich darin: Hundertprozentige Sicherheit gebe es nicht.

 

Im Robert-Bosch-Krankenhause (RBK) geht man das Thema Patientensicherheit von mehreren Seiten an. „Es gilt das Vier-Augen-Prinzip“, sagt der ärztliche Geschäftsführer Mark Dominik Alscher. Eine Pflegekraft richte die angeordneten Medikamente, „eine zweite prüft, ob alles stimmt“. Seit 2017 hat das RBK seine Prozesse digitalisiert. Der Arzt wählt also das Mittel am Computer aus einer Liste aus und legt die Dosierung fest. Nach der Freigabe erscheint dies am Pflegearbeitsplatz. So sei die „Störquelle“ der handschriftlichen Anordnung durch den Arzt, die von den Beschäftigten in die Pflegedokumentation übertragen werden musste, ausgeschlossen. Und die Patienten tragen auch im RBK ein Armband mit individuellem Barcode. „Auch die Medikamente haben den Barcode der Patienten“, so Alscher.

Der Nachtdienst hat seine Tücken

Trotz all der Sicherheitsvorkehrungen gebe es noch Störquellen, etwa wenn „in der Nacht nur ein Kraft im Dienst ist und in einer akuten Situation für eine Fusion nach der falschen Ampulle greift“, nennt Alscher ein Beispiel. „Wo Menschen tätig sind, kommen auch Fehler vor.“

Das sieht man auch in anderen Häusern so. Eine mögliche Fehlerquelle haben Pflegekräfte des Marienhospitals auf Nachfrage ausgemacht: Wenn sich die Verpackungen von Medikamenten oder Infusionen sehr ähneln, dass man sie verwechseln kann. Wenn man im Marienhospital eine solche Meldung bekomme, „wird der Hersteller gewechselt“, sagt Pressesprecher Rainer Kruse. Was kürzlich geschah. Im Marienhospital setzt man unter anderem auf das CIRS-System (Critical Incident Reporting System/Berichtssystem über kritische Vorkommnisse) bei dem gefährliche Ereignisse anonym gemeldet werden können. Und die Pflegekräfte seien bei der Medikamentenausgabe auf die „5R-Regel gedrillt“: Ist es der richtige Patient, das richtige Medikament, die richtige Dosis, der richtige Zeitplan und die richtige Applikation? Auch im Marienhospital tragen die Patienten deshalb Barcode-Bänder.

Es gibt in vielen Häusern ähnliche Standards

Ähnlich sind die Vorkehrungen im Klinikum der Stadt. Auch dort ist die 5R-Regel Usus. Damit man bei den Medikamenten Wirkstoffgruppen gut unterscheiden kann, werden diese mit „bestimmten Farben beschriftet“, sagt Pressesprecher Hartmut Kistenfeger. „Medikamente, die ähnlich aussehen und ähnliche Namen tragen, werden getrennt gelagert.“ Und man baut auf das CIRS-System. In manchen Bereichen gibt es Trainings, „um Fehler durch Kommunikationsmängel“ zu vermeiden, so Kistenfeger.

Auch im Diakonie-Klinikum wird man den Göppinger Vorfall genau analysieren. Ganz im Sinne der regelmäßigen „Risikoaudits“, mit denen Stephan Schmidt, der Leiter der Qualitätsmanagments, die Sicherheit bei der Arzneimittelausgabe optimiert. Auch im Diakonie-Klinikum lauten einige der Stichworte: Vier-Augen-Prinzip, CIRS-System. Im konkreten Fall will er klären, wo die Medikamente im eigenen Haus hergerichtet werden. Mittel, wie das fälschlich in Göppingen verabreichte, das nur in die Hände der Anästhesie gehöre, müsse man „außerhalb der Reichweite der Station lagern“, sagt Schmidt.