China ist sehr zufrieden mit dem Wahlausgang. Sie sehen sich einen bedeutenden Schritt näher, die führende Macht in Asien zu werden. Japans Elite ist dagegen entsetzt. Die Forderungen nach einem eigenen Atomwaffen-Programm werden laut.

Peking - Ein amerikanischer Rückzug aus Asien – das war immer der Traum der chinesischen Regierung. Ohne den Einfluss der USA wäre China die unangefochtene Führungsmacht auf dem bevölkerungsreichsten Kontinent. Nun rückt dieses Ziel in greifbare Nähe: Donald Trump hat im Wahlkampf angekündigt, den Schutzschirm der US-Armee über Länder wie Japan und Südkorea zurückzuziehen. Aus seinen Aussagen folgt auch, dass er die amerikanischen Interessen in Südasien nicht mehr durchsetzen will. Dazu kommt: Ein schwaches, gespaltenes, lächerliches Amerika liegt generell im Interesse Pekings.

 

Trump fehlen die richtigen Berater

Die Spitzenpolitiker des Landes erwarten zudem, ein leichtes Spiel mit dem neuen Präsidenten zu haben. „Trump fehlen die politische Erfahrung, die Raffinesse und die richtigen Berater“, sagt Da Wei, Amerikaexperte am China Institute of Contemporary International Relations. Auch die Leute auf der Straße halten viel von Trump. „Er ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, der kriegt es bestimmt hin, die US-Wirtschaft wieder auf Vordermann zu bringen“, sagt Ma Rui, ein Restaurantmanager im Pekinger Stadtteil Chaoyang. Die chinesische Öffentlichkeit interessiert sich dabei natürlich nicht für gesellschaftspolitische Aspekte des US-Wahlergebnisses. Rassismus oder Sexismus am anderen Ende der Welt ist den Leuten hier ziemlich gleichgültig.

Etwas Sorge bereitet chinesischen Wirtschaftspolitikern gleichwohl die Ankündigung Trumps, die Steuern auf Waren aus China hochzuschrauben, um Jobs in die USA zurückzuholen. Die Erwartung lautet jedoch, dass daraus nichts wird, weil Protektionismus ein Eigentor wäre – schließlich sind es US-Firmen, die in China produzieren. Darunter befindet sich übrigens auch das Schuh-Label von Ivanka Trump, der Tochter des Wahlsiegers. Sie stellt den Löwenanteil ihrer Produkte in der südchinesischen Industriestadt Dongguan her.

Herzliche Abneigung gegen Hillary Clinton

Doch was Trump in China an Minuspunkten hat, wird von einer herzlichen Abneigung gegen Hillary Clinton überschattet. Als Außenministerin hatte sie das Land immer wieder kritisiert. Clinton hatte auf ihren Besuchen fast alle heiklen Themen angesprochen, darunter die Menschenrechte, Handelsstreitigkeiten und die Ungleichbehandlung internationaler Unternehmen. Auch die Durchsetzung des Machtanspruchs im Südchinesischen Meer hat sie verurteilt. Nicht zuletzt war es Clinton, die darauf gedrängt hat, den US-Einfluss in Asien wieder auszuweiten. Dann lieber Trump, das unbeschriebene Blatt.

Entsetzen in Japan

Unter Japans politischer Elite herrscht derweil Entsetzen darüber vor, dass der Verbündete nun das Interesse am Schutz des eigenen Landes verlieren könnte. Premier Shinzo Abe hatte sich vor der Wahl ausdrücklich für Clinton ausgesprochen. Doch viele Bürger empfinden auch so etwas wie Erleichterung. „Indem Trump seinen Einfluss auf Japan verringert, gibt er uns auch mehr Luft, unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen“, sagt Kenji Sato, ein freier Schriftsteller in Tokio. In Tokio sind nun jedoch bereits beunruhigende Sprüche zu hören: Jetzt, wo die USA nicht mehr die eigene Sicherheit garantieren, müsse Japan eigene Atomwaffen bauen.

Technisch wäre das kein Problem: Japan hortet knappe 50 Tonne Plutonium und verfügt über modernste kerntechnische Anlagen. China würde sich das jedoch als unerträgliche Provokation und konkrete Gefährdung empfinden. So könnte Donald Trump erstmals seit Jahrzehnten eine reale Kriegsgefahr in Ostasien schaffen.

Nordkorea ist ein Problem von China

Trump hat derweil bereits angekündigt, dass die nordkoreanische Aufrüstung ein Problem der Chinesen sei, mit dem Amerika nichts zu tun hat. Auch das stützt den Anspruch der Chinesen, die führende Macht in der Region zu sein. Südkorea wiederum macht die Ankündigung Angst, schließlich hängt die Sicherheit des Landes vom Schutz der Amerikaner ab. Auch in China warnen erste Stimmen davor, dass hier unerwartete Gefahren lauern: Krieg und Instabilität in der Region seien in niemandes Interesse. Die Farce des zurückliegenden Wahlkampfs belegt aus Sicht der Kommunistischen Führung in Peking nochmals, was die Staatspropaganda schon immer behauptet hat: Demokratie im amerikanischen Stil bringe Instabilität sei chaotisch und generell schlecht für ein Land. Das US-System sei von Kapitalisten dominiert und agiere würdelos. Die „konsultative Demokratie“ in China funktioniere dagegen viel besser. Die Nähe Trumps zu einem Potentaten wie Wladimir Putin erscheint dem offiziellen China in diesem Zusammenhang ebenfalls sympathisch.