Die Bundesregierung ist skeptisch gegenüber einem Militärschlag als Reaktion auf den Terror in Paris. Der Kampf gegen den Terrorismus könne nicht militärisch gewonnen werden.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Stuttgart - Zwei Tage nach den Terroranschlägen von Paris hält die Bundesregierung an dem Versprechen von Bundeskanzlerin Angela Merkel fest, Frankreich „jedwede Unterstützung“ zu gewähren. Allerdings lassen sowohl Merkel, als auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Vizekanzler Sigmar Gabriel (beide SPD) und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen(CDU) zugleich erkennen, dass sie einem Militärschlag mit deutscher Beteiligung mit großer Zurückhaltung gegenüberstehen. Stattdessen setzt Berlin große Hoffnungen darauf, dass nach der Wiener Syrien-Konferenz vom Wochenende ein UN-Prozess in Gang kommen und eine Resolution des UN-Sicherheitsrats für ein gemeinsames Vorgehen in Syrien erreicht werden kann. Nachdem Russland anders als in den vergangenen Jahren in Wien eine konstruktive Rolle gespielt hat, hofft die Bundesregierung, dass die bisherige Blockade im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen überwunden werden kann.

 

Die Kanzlerin erklärte beim G-20-Gipfel im türkischen Antalya, dass sie zunächst keine zusätzlichen militärischen Aufgaben für Deutschland sehe; gleichwohl wollte Merkel die militärische Option nicht völlig ausschließen. Außenminister Steinmeier warnte vor einer unüberlegten Ausweitung der Militäroperationen in Syrien. „Alle wissen, wir werden den Kampf gegen Isis fortsetzen müssen, aber alle wissen auch, dass am Ende der Kampf gegen Terrorismus nicht militärisch gewonnen werden kann“, betonte Steinmeier beim EU-Außenministertreffen in Brüssel.

Von Krieg könne nur umgangssprachlich die Rede sein

Zunächst sei es an der französischen Regierung, Vorschläge für das weitere Vorgehen zu unterbreiten, ließ Steinmeier seinen Sprecher in Berlin erklären. Sicher werde Außenminister Laurent Fabius klar Position beziehen, was zusätzlich getan werden müsse. Aber „zum jetzigen Zeitpunkt ist uns nicht bekannt, dass die französischen Freunde sich an die Nato gewandt hätten“, so der Sprecher.

Auch Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel reagierte gereizt auf die Debatte über einen möglichen Bündnisfall. „Es ist unnötig, über Artikel 5 des Nato-Vertrages oder eine militärische Beteiligung Deutschlands zu spekulieren“, sagte er. „Nichts von dem wird von unseren französischen Freunden von uns erwartet.“ Frankreich sicherte Gabriel „uneingeschränkte Solidarität“ zu; damit wählte er die gleiche Formulierung wie Altkanzler Gerhard Schröder nach dem 11. September 2001 gegenüber den USA. Alle Debatten darüber, dass Krieg herrsche, seien überflüssig, ergänzte Gabriel. Auch Vizeregierungssprecherin Christiana Wirtz betonte, von „Krieg“ könne allenfalls in umgangssprachlichem Sinne, nicht aber im Blick auf die verfassungs- und völkerrechtlichen Implikationen gesprochen werden.

Aufgaben im Kampf gegen den IS noch nicht absehbar

Bundeskanzlerin Merkel kündigte in Antalya an, dass bei der Lösung des Syrien-Konflikts nun zunächst die Einbindung der Vereinten Nationen wichtig sei. Mit der Konferenz in Wien, wo am Samstag eine Art Fahrplan für die Lösung des Konflikts vereinbart worden war, habe gerade erst ein Prozess begonnen, „der im Wesentlichen ein politischer Prozess“ sei. Welche Aufgaben im Kampf gegen den IS auf Deutschland zukommen, sei „noch gar nicht absehbar“, sagte Merkel. Ziel der Wiener Vereinbarung ist zunächst ein Waffenstillstand in Syrien, danach sollen die Regierung von Machthaber Baschar al-Assad und die legitime syrische Opposition sich auf eine Übergangsregierung verständigen. Beides ist nach Einschätzung des Berliner Außenministeriums die Voraussetzung dafür, um am Boden gegen Terrororganisationen wie den Islamischen Staat und die Al-Nusra-Front militärisch vorzugehen. Er hoffe, dass bis Weihnachten ein Szenario erarbeitet werden könne, wie es zu Gesprächen zwischen dem Assad-Regime und der syrischen Opposition kommen könne, betonte ein Sprecher. Das Verteidigungsministerium betonte, dass eine Militärallianz von sechzig Staaten – darunter Deutschland und die USA – bereits seit einem Jahr im Irak gegen den IS aktiv sei. Die Bundeswehr beteilige sich daran mit Waffenlieferungen und Ausbildungshilfe für die kurdischen Peschmerga.