In der ausverkauften Ludwigsburger Stadtkirche feiert die Sängerin Rebekka Bakken am Mittwoch mit ihrem Projekt „Norwegian Spirits“ Premiere. Sie begeistert das Publikum mit mutigen Interpretationen norwegischer Kirchenlieder – und einem Dylan-Klassiker.

Ludwigsburg - Eine lange Menschenschlange ragt am Mittwoch vor der evangelischen Stadtkirche in den Ludwigsburger Marktplatz. Einzelne suchen noch verzweifelt Karten für das Konzert der Singer-Songwriterin Rebekka Bakken, die an diesem Abend mit den Musikern Knut Reiersrud und Iver Kleive ein rund 90-minütiges Programm unter dem Titel „Norwegian Spirits“ präsentiert. Die Produktion der Ludwigsburger Schlossfestspiele ist bereits vier Wochen vor dem Termin ausverkauft. Umso glücklicher sind die rund 660 Gäste, die für diese einzigartige Premiere einen Platz ergattern konnten.

 

Die Bühne ist schlicht. Eine Auswahl an Gitarren, die um Reiersruds Stuhl drapiert ist, ist das einzige dekorative Element. Die Lichtinszenierung ist auf die Lokalität abgestimmt, ohne auf das richtige Maß an Dramatik zu verzichten. Auf den Stuhlreihen erwarten die Gäste gespannt die drei Musiker aus Norwegen.

Begleitet von Kleive an der Orgel eröffnet Bakken pünktlich das Programm mit traditionellen Stücken aus ihrer Heimat. Ein Engel im höllisch heißen Outfit – das Bild schießt einem bei Bakkens Anblick unvermeidlich in den Kopf. Die klassische Schönheit tritt in einer schwarzen Abendrobe vor ihr Publikum. Sie trägt ihr langes Haar offen und steht auf High-Heels, die fast einen Waffenschein voraussetzen. Sicherlich wird es einer großartigen Sängerin wie Bakken nicht gerecht, vor ihrer Stimmgewalt ihr Erscheinungsbild zu rezensieren, doch wie vieles an diesem Abend ist ihr Outfit und insbesondere ihr Schuhwerk kein Zufall, sondern der mutige Stilbruch einer selbstbewussten und erfahrenen Künstlerin.

Eine halbe Stunde Pause

Mit einer fesselnden Inbrunst trägt sie eine Auswahl an norwegischen Kirchenliedern vor. Ihre Stimme gleitet dabei mühelos über die Oktaven. Bakkens Auftreten ist fokussiert, sie spart sich ausladende Gesten. Andächtig faltet sie zwischendurch immer wieder die Hände und lauscht ihren Musikern, die die einfachen Melodien in einem Spektrum zwischen sphärisch und spannungsreich vortragen. Bakkens Stimme klingt in dem Gotteshaus noch brillanter als auf ihren Aufnahmen.

Nach wenigen Stücken geht die Sängerin für eine knappe halbe Stunde von der Bühne und überlässt das Rampenlicht ihren Musikerkollegen Kleive und Reiersrud. Letzterer schafft es problemlos und im Sitzen das Publikum zu begeistern. Der Ausnahmemusiker entlockt seiner E-Gitarre Klänge, die an Vogelgezwitscher oder das Läuten von Kirchenglocken erinnern und erweitert sein Instrument damit virtuos zum Orchester. Das Publikum feiert ihn mit lautem Applaus. Der ein oder andere zieht zum Sitznachbarn flüsternd Jimi Hendrix als Vergleich heran.

Neben den norwegischen Kirchenliedern und dem Orgelwerk „Fantasie G-Dur BWV 572“ von Johann Sebastian Bach finden auch zwei Popklassiker ihren Platz im Programm. Bakken steigt nach ihrer Pause mit Bob Dylans „Blowing in the Wind“ wieder in das Konzert ein. Sie trägt den Evergreen A Cappella vor. Ihre Version hört sich charmant improvisiert an.

Zusammengefasst ist „Norwegian Spirits“ ein gelungenes Experiment mit dem es die drei Musiker immer wieder schaffen, das Publikum zu verwirren, in ihren Bann zu ziehen und Gänsehautmomente zu kreieren. Mit der Zugabe „Wie soll ich dich empfangen“ beschließen Bakken, Reiersrud und Kleive einen sehr besonderen Abend.